• Shuffle
    Toggle On
    Toggle Off
  • Alphabetize
    Toggle On
    Toggle Off
  • Front First
    Toggle On
    Toggle Off
  • Both Sides
    Toggle On
    Toggle Off
  • Read
    Toggle On
    Toggle Off
Reading...
Front

Card Range To Study

through

image

Play button

image

Play button

image

Progress

1/48

Click to flip

Use LEFT and RIGHT arrow keys to navigate between flashcards;

Use UP and DOWN arrow keys to flip the card;

H to show hint;

A reads text to speech;

48 Cards in this Set

  • Front
  • Back
1. Freundschaft Begriffsbestimmung
Freundschaft ist eine dyadische (Zweierbeziehung), persönliche, informelle Sozialbeziehung. Die beiden daran beteiligten Menschen werden als Freundinnen/Freunde bezeichnet.
• Die Existenz der Freundschaft beruht auf Gegenseitigkeit;
• sie besitzt für jede der Freundinnen/Freunde ein Wert,
• Wert kann unterschiedlich starkes Gewicht haben
• aus verschiedenen inhaltlichen Elementen zusammengesetzt sein


Freundschaft wird zudem durch vier weitere Kriterien charakterisiert:
1. Freiwilligkeit
2. Zeitliche Ausdehnung
3. Positive Charakter
4. Keine offene Sexualität. (Auhagen 1991)
• bezeichnet eine spezifische Art von Sozialbeziehungen zwischen Personen
• kennzeichnet nicht nur die Art, sondern auch die Qualität der Beziehung
• ist eine dyadische (Zweiheit), persönliche informelle Sozialbeziehung.
Freundschaft ist:
• freiwillig
• ist ein zeitliche Ausdehnung
• ist positiv besetzt
• hat keine offene Sexualität

Definition nach Kolip (1993)
Freundschaft definiert „als freiwillige Zusammenschlüsse zwischen Menschen beiderlei Geschlechts, die auf wechselseitiger Intimität und emotionaler Verbundenheit begründet sind“
• Kritik an dieser Definition = Kaum Abgrenzung zu Liebesbeziehungen möglich – Freiwilligkeit grenzt bestimmte formelle Beziehungen aus (zu Vorgesetzten)

Begriff Freund nach Argyle und Henderson (1986)
„Freunde sind Menschen, die man mag, deren Gesellschaft man genießt, mit denen man Interessen und Aktivitäten teilt, die hilfreich und verständnisvoll sind, denen man vertrauen kann, mit denen man sich wohl fühlt und die emotionale Unterstützung gewähren“.

Alltag
• Differenz Freundschaft – Liebesbeziehungen – Kontextbezogene Begriffsverwendung – großer Interpretationsspielraum vor allem bei gegengeschlechtlichen Freundschaften = semantische Vieldeutigkeit

Wissenschaftlich
• Empirisch lässt sich eine hohe semantische Ähnlichkeit der Begriffe Liebe – Freundschaft nachweisen
2. Beste und enge Freunde
Argyle und Henderson kommen in ihrer Übersicht zu dem Schluss, dass die meisten Personen einen oder zwei "beste Freunde" haben (viele auch keinen einzigen), enge Freunde etwa 5, generelle Freunde etwa 15. Probleme bei der Erhebung von Freundschaftszahlen gibt es beim Vergleich unterschiedlicher Länder. Der Freundschaftsbegriff wird in anderen Ländern z.B. im angloamerikanischen Raum anders definiert, als in Deutschland. Erschwert wird die Übertragung angloamerikanischer Ergebnisse der Freundschaftsforschung auf deutsche Verhältnisse durch den Umstand, dass gesellschaftliche bzw. kulturelle Unterschiede mit sprachlichen Unterschieden konfundiert sind.
3. Alterskorrelation zwischen Freunden; Prädiktoren für „Freundschaft“
Marbach fand über die Daten des Familiensurveys eine hohe Alterskorrelation zwischen Freunden. Weitere Prädiktoren für Freundschaft sind: Freizeitpartnerschaft, gleiches Geschlecht, Gesprächspartnerschaft. Negativ für eine Kennzeichnung als Freundschaft wirken sich aus: Alter über 40 Jahre, enge Gefühle für den anderen, eigene Kinder, in Partnerschaft lebend, finanzielle Unterstützung des anderen.
5. Selmans fünf Stufen der Entwicklung des Freundschaftskonzepts
Niveau 0 Selman
Egozentrische oder undifferenzierte Perspektiven (5-6 Jahre)
Freundschaft als momentane physische Interaktion (Freundschaft besteht aus miteinander spielen)
• Kind kann Realität subjektiver Perspektive (z.B. Gedanken, Gefühle) innerhalb des Selbst und des Anderen erkennen
• Erkennt nicht, dass ein Anderer ähnlich wahrgenommene soziale Erfahrungen und Handlungsverläufe anders interpretiert als es selbst
• Grund: Kind kann eigene Perspektive nicht deutlich genug von der des Anderen unterscheiden
• Vermischt subjektive/ psychologische und objektive/ physikalische Aspekte der sozialen Welt (z.B. Gefühle und beobachtbare Akte, intentionale und nicht- intentionale Akte)
• Bsp.: Egozentrischer Pascha,
der Frau physisch wahrnimmt, ihre Bedürfnisse/ Wünsche mit seinen gleichsetzt,
aus Unfähigkeit zur Differenzierung

Niveau 1 Selman
Subjektive oder differenzierte Perspektiven (ca 8 Jahre)
Freundschaft als einseitige Hilfestellung (einseitige, zweckorientierte Beziehung)
• Kind versteht, dass selbst bei gleichartig wahrgenommenen sozialen Umständen die Perspektiven des Selbst und des Anderen gleich oder verschieden sein können
• Begreift, das Selbst und Andere gleich wahrgenommene Handlungen als Reflexionen disparater/ verschiedener Einzelgründe/ -motive betrachten können
• Besonders wichtig ist die Tatsache, dass sich das Kind zum ersten Mal mit der Einzigartigkeit des verdeckten, psychischen Lebens einer jeden Person befasst Bsp.: Mann entdeckt, dass seine Frau nicht nur physisch, sondern auch psychisch eigenständige Person ist, mit eigenen Wahrnehmungen/ Gefühlen, die mit seinen nicht unbedingt übereinstimmen müssen

Niveau 2 Selman
Selbstreflexive oder reziproke Perspektiven (ca 10-12 Jährige)
Freundschaft als Schönwetter-Kooperation (Ausübung gemeinsamer Aktivitäten, wechselseitige Beziehungen, und gegenseitige Unterstützung in Notlagen)
• Kind kann seine Gefühle/ Gedanken aus der Perspektive eines Anderen reflektieren, d.h. sich selbst an die Stelle eines anderen versetzen und das Selbst dem Anderen gegenüber als Subjekt zu begreifen
• Dadurch kann Kind seine eigene Auffassung und Beurteilung der Gedanken und Gefühle des Anderen betrachten
• Also: Die Fähigkeit, die Perspektive der 2.Person übernehmen zu können, führt zu dem Bewusstsein einer neuen Form von Reziprozität und zwar von Gedanken und Gefühlen
(Ich weiß, dass er mich mag; er weiß, dass ich ihn mag)
statt nur von Handlungen (Er arbeitet für mich, ich arbeite für ihn)
• Bsp.: Mann kann sich selbst mit Augen seiner Frau betrachten;
Es gibt nicht nur eine Beziehung von ihm zu ihr, sondern auch eine von ihr zu ihm;
und beide Beziehungen können unterschiedlich sein

Niveau 3 Selman
Wechselseitige Perspektiven oder Perspektiven der 3. Person (Jugendalter)
Freundschaft als intimer, gegenseitiger Austausch (vom Freund/in werden bestimmte Charaktereigenschaften erwartet: Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Verschwiegenheit, Intimität wahren.)
• Bewusstsein einer unendlichen Reihe von denkbaren Verkettungen reziproker Perspektiven; Subjekt erreicht qualitativ neues Bewusstseinsniveau:
Das Bewusstsein von der Fähigkeit einer Person, in Gedanken aus einer interpersonalen Interaktion herauszutreten und die Perspektive beider Parteien dieser Interaktion simultan zu koordinieren
• Die Fähigkeit die Perspektive einer 3. Person einzunehmen, führt zum Bewusstsein von der Wechselseitigkeit menschlicher Perspektiven und folglich zum Bewusstsein einer Beziehung zwischen dem Selbst und dem Anderen
• Bsp.: Wechselseitigkeit der beiden Perspektiven (Niveau 3) kann erst richtig erkannt werden, wen nicht nur abwechselnd der eigene und der Standpunkt des anderen eingenommen wird,
sondern wenn beide gleichzeitig gesehen werden können, entsprechend der Perspektive einer 3.Person,
die die Beziehung von außen betrachtet
Beziehung wird nun zu mehr als einer Addition zweier Perspektiven, die Beziehung selbst wird bewusst

Niveau 4 Selman
Gesellschaftliche oder Tiefenperspektiven (Erwachsenenalter)
Freundschaft als Autonomie und Interdependenz (wechselseitige Abhängigkeit)
• Subjekt konzeptualisiert nun, dass die subjektiven Perspektiven (Wechselseitigkeit) einander nicht nur auf der Ebene gemeinsamer Erwartungen oder geteilter Selbstverständnisse, sondern multidimensional oder auch auf tieferreichenden Niveaus der Kommunikation gegenüberstehen Subjekt sieht zwischenmenschliche Perspektiven nun als Netzwerk/ System
• Perspektiven werden generalisiert, z.B. zum Konzept der gesellschaftlichen, rechtlichen oder moralischen Perspektive Erkennen der gesellschaftlichen Dimension einer individuellen Problemsituation
• Bsp.: Beziehung wird als Netzwerk unterschiedlicher Interaktions- und Kommunikationsebenen betrachtet;
Vielleicht wird dem Mann deutlich, dass die Beziehung stark durch gesellschaftliche Rollenerwartungen/ jew. geschlechtsspezifischen Sozialisiertheit beeinflusst wird.
Er erkennt vielleicht, dass Teil ihrer Beziehung und Konflikte nicht nur individueller/ privater Natur sind, sondern auch Ausdruck bestimmter gesellschaftlicher Bedingungen sein können.
6. Selbstenthüllung im Verlauf der Adoleszenz: Wer wird wichtiger, wer weniger wichtig als Ansprechpartner?
Jugendliche unterscheiden ab dem 12. Lebensjahr zwischen öffentlichen und privaten Informationen und sind nicht mehr leicht bereit, private Informationen mit den Eltern zu besprechen. Zwischen dem 12. und 17. Lebensjahr wird gegenüber den Eltern zunehmend weniger enthüllt - deren Stelle nehmen Freunde und auch romantische Partner ein. (nach Seiffge-Krenke 2009)
1. Freundschaft Begriffsbestimmung
Freundschaft ist eine dyadische (Zweierbeziehung), persönliche, informelle Sozialbeziehung. Die beiden daran beteiligten Menschen werden als Freundinnen/Freunde bezeichnet.
• Die Existenz der Freundschaft beruht auf Gegenseitigkeit;
• sie besitzt für jede der Freundinnen/Freunde ein Wert,
• Wert kann unterschiedlich starkes Gewicht haben
• aus verschiedenen inhaltlichen Elementen zusammengesetzt sein


Freundschaft wird zudem durch vier weitere Kriterien charakterisiert:
1. Freiwilligkeit
2. Zeitliche Ausdehnung
3. Positive Charakter
4. Keine offene Sexualität. (Auhagen 1991)
• bezeichnet eine spezifische Art von Sozialbeziehungen zwischen Personen
• kennzeichnet nicht nur die Art, sondern auch die Qualität der Beziehung
• ist eine dyadische (Zweiheit), persönliche informelle Sozialbeziehung.
Freundschaft ist:
• freiwillig
• ist ein zeitliche Ausdehnung
• ist positiv besetzt
• hat keine offene Sexualität

Definition nach Kolip (1993)
Freundschaft definiert „als freiwillige Zusammenschlüsse zwischen Menschen beiderlei Geschlechts, die auf wechselseitiger Intimität und emotionaler Verbundenheit begründet sind“
• Kritik an dieser Definition = Kaum Abgrenzung zu Liebesbeziehungen möglich – Freiwilligkeit grenzt bestimmte formelle Beziehungen aus (zu Vorgesetzten)

Begriff Freund nach Argyle und Henderson (1986)
„Freunde sind Menschen, die man mag, deren Gesellschaft man genießt, mit denen man Interessen und Aktivitäten teilt, die hilfreich und verständnisvoll sind, denen man vertrauen kann, mit denen man sich wohl fühlt und die emotionale Unterstützung gewähren“.

Alltag
• Differenz Freundschaft – Liebesbeziehungen – Kontextbezogene Begriffsverwendung – großer Interpretationsspielraum vor allem bei gegengeschlechtlichen Freundschaften = semantische Vieldeutigkeit

Wissenschaftlich
• Empirisch lässt sich eine hohe semantische Ähnlichkeit der Begriffe Liebe – Freundschaft nachweisen
2. Beste und enge Freunde
Argyle und Henderson kommen in ihrer Übersicht zu dem Schluss, dass die meisten Personen einen oder zwei "beste Freunde" haben (viele auch keinen einzigen), enge Freunde etwa 5, generelle Freunde etwa 15. Probleme bei der Erhebung von Freundschaftszahlen gibt es beim Vergleich unterschiedlicher Länder. Der Freundschaftsbegriff wird in anderen Ländern z.B. im angloamerikanischen Raum anders definiert, als in Deutschland. Erschwert wird die Übertragung angloamerikanischer Ergebnisse der Freundschaftsforschung auf deutsche Verhältnisse durch den Umstand, dass gesellschaftliche bzw. kulturelle Unterschiede mit sprachlichen Unterschieden konfundiert sind.
3. Alterskorrelation zwischen Freunden; Prädiktoren für „Freundschaft“
Marbach fand über die Daten des Familiensurveys eine hohe Alterskorrelation zwischen Freunden. Weitere Prädiktoren für Freundschaft sind: Freizeitpartnerschaft, gleiches Geschlecht, Gesprächspartnerschaft. Negativ für eine Kennzeichnung als Freundschaft wirken sich aus: Alter über 40 Jahre, enge Gefühle für den anderen, eigene Kinder, in Partnerschaft lebend, finanzielle Unterstützung des anderen.
5. Selmans fünf Stufen der Entwicklung des Freundschaftskonzepts
Niveau 0 Selman
Egozentrische oder undifferenzierte Perspektiven (5-6 Jahre)
Freundschaft als momentane physische Interaktion (Freundschaft besteht aus miteinander spielen)
• Kind kann Realität subjektiver Perspektive (z.B. Gedanken, Gefühle) innerhalb des Selbst und des Anderen erkennen
• Erkennt nicht, dass ein Anderer ähnlich wahrgenommene soziale Erfahrungen und Handlungsverläufe anders interpretiert als es selbst
• Grund: Kind kann eigene Perspektive nicht deutlich genug von der des Anderen unterscheiden
• Vermischt subjektive/ psychologische und objektive/ physikalische Aspekte der sozialen Welt (z.B. Gefühle und beobachtbare Akte, intentionale und nicht- intentionale Akte)
• Bsp.: Egozentrischer Pascha,
der Frau physisch wahrnimmt, ihre Bedürfnisse/ Wünsche mit seinen gleichsetzt,
aus Unfähigkeit zur Differenzierung

Niveau 1 Selman
Subjektive oder differenzierte Perspektiven (ca 8 Jahre)
Freundschaft als einseitige Hilfestellung (einseitige, zweckorientierte Beziehung)
• Kind versteht, dass selbst bei gleichartig wahrgenommenen sozialen Umständen die Perspektiven des Selbst und des Anderen gleich oder verschieden sein können
• Begreift, das Selbst und Andere gleich wahrgenommene Handlungen als Reflexionen disparater/ verschiedener Einzelgründe/ -motive betrachten können
• Besonders wichtig ist die Tatsache, dass sich das Kind zum ersten Mal mit der Einzigartigkeit des verdeckten, psychischen Lebens einer jeden Person befasst Bsp.: Mann entdeckt, dass seine Frau nicht nur physisch, sondern auch psychisch eigenständige Person ist, mit eigenen Wahrnehmungen/ Gefühlen, die mit seinen nicht unbedingt übereinstimmen müssen

Niveau 2 Selman
Selbstreflexive oder reziproke Perspektiven (ca 10-12 Jährige)
Freundschaft als Schönwetter-Kooperation (Ausübung gemeinsamer Aktivitäten, wechselseitige Beziehungen, und gegenseitige Unterstützung in Notlagen)
• Kind kann seine Gefühle/ Gedanken aus der Perspektive eines Anderen reflektieren, d.h. sich selbst an die Stelle eines anderen versetzen und das Selbst dem Anderen gegenüber als Subjekt zu begreifen
• Dadurch kann Kind seine eigene Auffassung und Beurteilung der Gedanken und Gefühle des Anderen betrachten
• Also: Die Fähigkeit, die Perspektive der 2.Person übernehmen zu können, führt zu dem Bewusstsein einer neuen Form von Reziprozität und zwar von Gedanken und Gefühlen
(Ich weiß, dass er mich mag; er weiß, dass ich ihn mag)
statt nur von Handlungen (Er arbeitet für mich, ich arbeite für ihn)
• Bsp.: Mann kann sich selbst mit Augen seiner Frau betrachten;
Es gibt nicht nur eine Beziehung von ihm zu ihr, sondern auch eine von ihr zu ihm;
und beide Beziehungen können unterschiedlich sein

Niveau 3 Selman
Wechselseitige Perspektiven oder Perspektiven der 3. Person (Jugendalter)
Freundschaft als intimer, gegenseitiger Austausch (vom Freund/in werden bestimmte Charaktereigenschaften erwartet: Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Verschwiegenheit, Intimität wahren.)
• Bewusstsein einer unendlichen Reihe von denkbaren Verkettungen reziproker Perspektiven; Subjekt erreicht qualitativ neues Bewusstseinsniveau:
Das Bewusstsein von der Fähigkeit einer Person, in Gedanken aus einer interpersonalen Interaktion herauszutreten und die Perspektive beider Parteien dieser Interaktion simultan zu koordinieren
• Die Fähigkeit die Perspektive einer 3. Person einzunehmen, führt zum Bewusstsein von der Wechselseitigkeit menschlicher Perspektiven und folglich zum Bewusstsein einer Beziehung zwischen dem Selbst und dem Anderen
• Bsp.: Wechselseitigkeit der beiden Perspektiven (Niveau 3) kann erst richtig erkannt werden, wen nicht nur abwechselnd der eigene und der Standpunkt des anderen eingenommen wird,
sondern wenn beide gleichzeitig gesehen werden können, entsprechend der Perspektive einer 3.Person,
die die Beziehung von außen betrachtet
Beziehung wird nun zu mehr als einer Addition zweier Perspektiven, die Beziehung selbst wird bewusst

Niveau 4 Selman
Gesellschaftliche oder Tiefenperspektiven (Erwachsenenalter)
Freundschaft als Autonomie und Interdependenz (wechselseitige Abhängigkeit)
• Subjekt konzeptualisiert nun, dass die subjektiven Perspektiven (Wechselseitigkeit) einander nicht nur auf der Ebene gemeinsamer Erwartungen oder geteilter Selbstverständnisse, sondern multidimensional oder auch auf tieferreichenden Niveaus der Kommunikation gegenüberstehen Subjekt sieht zwischenmenschliche Perspektiven nun als Netzwerk/ System
• Perspektiven werden generalisiert, z.B. zum Konzept der gesellschaftlichen, rechtlichen oder moralischen Perspektive Erkennen der gesellschaftlichen Dimension einer individuellen Problemsituation
• Bsp.: Beziehung wird als Netzwerk unterschiedlicher Interaktions- und Kommunikationsebenen betrachtet;
Vielleicht wird dem Mann deutlich, dass die Beziehung stark durch gesellschaftliche Rollenerwartungen/ jew. geschlechtsspezifischen Sozialisiertheit beeinflusst wird.
Er erkennt vielleicht, dass Teil ihrer Beziehung und Konflikte nicht nur individueller/ privater Natur sind, sondern auch Ausdruck bestimmter gesellschaftlicher Bedingungen sein können.
6. Selbstenthüllung im Verlauf der Adoleszenz: Wer wird wichtiger, wer weniger wichtig als Ansprechpartner?
Jugendliche unterscheiden ab dem 12. Lebensjahr zwischen öffentlichen und privaten Informationen und sind nicht mehr leicht bereit, private Informationen mit den Eltern zu besprechen. Zwischen dem 12. und 17. Lebensjahr wird gegenüber den Eltern zunehmend weniger enthüllt - deren Stelle nehmen Freunde und auch romantische Partner ein. (nach Seiffge-Krenke 2009)
Zunahme der Wichtigkeit im Privaten Bereich
• Freunde – ab ca. 13. Jahre wichtigste Anspechpartner bis ca. 16,5 Jahre
• romantischer Partner – ab ca. 17 Jahre wichtiger als Freunde
Abnahme der Wichtigkeit im Privaten Bereich
• Vater – generell auf niedrigeren Niveau als Mutter und Freunde - gleichbleibend bis ca. 14 Jahre, dann weitere Abnahme – ab ca. 12,5 Jahre auch unwichtiger als romantischer Partner
• Mutter – generell wichtiger als Vater – ab ca. 13 Jahre unwichtiger als Freunde – ab ca. 14,5 Jahre unwichtiger als romantischer Partner
7. Gründe für das Zerbrechen von Freundschaften (Argyle & Henderson)
In der Regel waren sich Frauen und Männer bei der Untersuchung von Argyle und Henderson bei der Benennung von Gründen für das Zerbrechen von Freundschaften einig, z.B. Eifersucht auf oder Kritik an Beziehungen zu Dritten, Weitergabe von vertraulichen Mitteilungen an Dritte, keine freiwillige Hilfe, kein Vertrauen usw. Frauen gabe jedoch häufiger an, dass fehlende positive Wertschätzung oder mangelnde emotionale Unterstützung zum Scheitern der Freundschaft geführt habe.
8. Vor- und Nachteile von Zeitreihenanalysen (Stimmungsverläufe in Freundschaften)
Mit der Zeitreihenanalyse werden Stimmungsverläufe in Freundschaften gemessen. Es lassen sich emotionale Interaktionen und Konfliktverläufe erfassen. Dies geschieht durch das Führen eines standardisierten Doppeltagebuches, z.B. über einen Zeitraum von 30 Tagen (Heidbrink, 1993).
Vorteile:
- Über komplexe statistische Auswertungen ist es z.B. möglich, zeitlich versetzt Kreuzkorrelationen zu berechnen, die Hinweise auf die Richtung der stimmungsmäßigen Beeinflussung der Freunde geben können.
- Fremd- und Selbstbild wird gleichzeitig erfasst
Nachteile:
- Ergebnisse können nur andeuten, wie sich emotionale Interaktionen in Freundschaften erfassen lassen.
- Statistische Auswertung ist aufwendig und anspruchsvoll.
- Kritik an Heidbrink, 1993: Zeitraum müsste länger als 30 Tage betragen, damit eine genaue Analyse der Stimmungsschwankungen bestimmt werden kann
9. „Falscher Konsensuseffekt“ zwischen Freundinnen
Man "konstruiert" sich seine Freunde bzw. das innere Bild, das man von seinen Freunden hat, im Hinblick auf die Ähnlichkeiten in mehr oder weniger weiten Teilen. Man nimmt große Ähnlichkeiten wahr, wo gar keine oder nur kleine sind, man schließt von eigenen Empfindungen auf die der anderen Person - aber dieser "falsche Konsensus" schadet einer Freundschaftsbeziehung nicht... denn diese vermeintlichen Ähnlichkeiten sind wichtig für freundschaftliche Gefühle und Empathie.
10. Unterschiede zwischen Frauen- und Männerfreundschaften (Untersuchungen von Maurer und Pfisterer)
Größtenteils wird heute angenommen, dass Frauenfreundschaften intensiver und zufrieden stellender sind und mehr praktischen und emotionalen Beistand bieten als Männerfreundschaften.
Maurer fand in einer Untersuchung heraus, dass Frauen differenziertere Freundschaftskonzepte haben, Freundschaften ihnen wichtiger sind und sie zufriedener mit diesen sind. Auch haben Frauen auch mehr Freundinnen, als Männer Freunde. Allein lebende Frauen haben differenziertere Freundschaftskonzepte, als Frauen mit Partner.
Pfisterer konnte in ihren Untersuchungen wesentliche Unterschiede zwischen Frauen- und Männerfreundschaften bestätigen. Insgesamt am intensivsten sehen Frauen ihre Beziehung demnach zu einer engen Freundin. Enge Freunde werden aber nicht unbedingt als interessanter und anregender angesehen als lockere Freunde. Männerfreundschaften gelten eher als side-by-side- Freundschaften, sind also nicht so intensiv wie Frauenfreundschaften, die als face-to-face zu bezeichnen sind.
11. Freundschaft und soziale Milieus
Nach Argyle und Henderson (1986):
Mittelschichtangehörige haben nach ihren Untersuchungen mehr Freunde, die verschiedenartiger sind und in größerer Entfernung leben als Angehörige der Arbeiterschicht, Unterschiede in den Freundschaftszahlen können auch auf einem unterschiedlichen Sprachgebrauch begründet sein. Viele Angehörige der Arbeiterschicht benutzen den Begriff "Freund" überhaupt nicht, sondeern eher Nachbar, Kumpel etc.
Bisherige Freundschaftsuntersuchungen basieren häufig auf einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe (z.B, Studenten, Akademiker), die dann auf die Gesellschaft übertragen werden.
Nach Eberhard und Krosta (2004):
Sie untersuchten Personen aus dem Unterahltungsmilieu und dem Selbstverwirkluchungsmilieu. Das Unterhaltungsmilieu definiert sich mit Personen von Hauptschulabschluss ohne Lehre/ohne Schulabschluss bis Mittlere Reife ohne Zusatzausbildung, das Selbstverwirklichungsmilieu durch Personen mit Mittlere Reife und berufsbildende Schule und Abitur und Uni-Ausbildung, jeweils im Alter zwischen 18 und 35 Jahren. Mit einem Fragebogen wurde der milieutypische "persönliche Stil" erhoben und nur "typische" Vertreter des Milieus ausgesucht. Aufgrund von Gruppendiskussionen in Frauen- und Männergruppen kommen beide zu dem Schluss, dass sich die Freundschaftskonzepte und Verhaltensweisen in beiden Milieus unterscheiden, es aber kaum geschlechtsspezifische Unterschiede gibt. Die Untersuchung von Eberhard und Krosta war qualitativ-psychoanalytisch
12. Scheidungen und Eheschließungen: Veränderungen seit 1950
Etwa ¾ aller Personen heiraten mindestens einmal im Leben.
Männer können sich eine spätere Scheidung schwerer vorstellen als Frauen.
80% der Männer und Frauen (Schweizer Studie) glauben an eine lebenslange Beziehung in der Ehe.
84% glauben an die lebenslange Liebe.
25% der Männer und Frauen ziehen die Möglichkeit in Betracht, sich einmal scheiden zu lassen.
Nicht eheliche Beziehungen, die länger als 10 Jahre andauern, sind selten.

Scheidungen
1950: 18% (nach Kriegsende)
1956/1962: 11 %, danach wieder stetiger Anstieg, unterbrochen durch die Reform des Scheidungsrechte (Schuldprinzip) und kurze Zeit nach der Wiedervereinigung.
2003: am höchsten mit 56 %
seit 2004: geringer Rückgang der Scheidungszahlen

Eheschließungen
Die Zahl der Eheschließungen lag im Jahr 1950 bei 750.000. Danach folgte ein stetiger Rückgang bis 2006 auf unter 400.000 bei gleichzeitigem Anstieg der Zahl unverheiratet zusammenlebender Paare.
13. Dreiecks-Theorie der Liebe von Sternberg 3404 13
Nach der Dreieckstheorie der Liebe von Robert Sternberg besteht die Liebe aus drei Komponenten.
• Leidenschaft (motivationale Komponente, umfasst Gefühle der Romantik, physische Anziehung und sexuelle Erfüllung)
• Intimität (emotionale Komponente, umfasst Gefühle der Nähe, Verbundenheit, Zusammengehörigkeit)
• Verbindlichkeit (kognitive Komponente, Entscheidung der Liebe und der Aufrechterhaltung der Bindung)
Je ausgeglichener das Verhältnis der Komponenten zueinander, desto gleichmäßiger ist die Form des Dreiecks.
In einer Beziehung können die Komponenten alleine oder in Kombination auftreten. Daraus ergebn sich 8 verschiedene Arten von Liebe:
• Nicht-Liebe: Keine Komponente ist vorhanden.
• Verliebtheit: Nur die Komponente Leidenschaft ist vorhanden.
• Mögen: Nur die Komponente Intimität ist vorhanden.
• leere Liebe: Nur die Komponente Verbindlichkeit ist vorhanden.
• romantische Liebe: Die Kombination der Komponenten Intimität und Leidenschaft ist vorhanden.
• freundschaftliche Liebe: Die Kombination der Komponenten Intimität und Verbindlichkeit ist vorhanden.
• närrische Liebe: Wenn die Komponente Intimität fehlt. (Nach Sternberg: Verbindlichkeit entspringt der Leidenschaft, die Beziehung riskiert Instabilität)
• vollkommene Liebe: Alle drei Komponenten sind vorhanden.
Die Komponenten entwickeln sich unterschiedlich. Intimität wächst, Leidenschaft nimmt ab, Verbindlichkeit bleibt stabil.
Verläuft die Entwicklung einer Beziehung in klassischer Form, werden verschiedene Arten der Liebe durchlaufen (Verliebtheit, romantische Liebe, vollkommene Liebe).

Das Liebesdreieck soll in der Praxis verdeutlichen, wo Defizite bestehen, welche Komponenten gestärkt werden sollen und das stetige Bemühung für die Aufrechterhaltung der Liebe wichtig ist.

Zufriedenheit in der Liebesbeziehung nach Sternberg, wenn es Übereinstimmung in der Wahrnehmung der Liebesbeziehung durch die Partner gibt. - Empathie (Einfühlung) ist für ihn hier die Voraussetzung.
14. Liebestile nach Lee 3404 14
Nach Lee gibt es drei primäre und drei sekundäre Liebesstile. Die sekundären Liebesstile ergeben sich aus der Mischung der primären Liebesstile.

Primär:

1. Romantische Liebe (Eros)
Anziehung durch die geliebte Person, Liebe auf den ersten Blick, Aussehen des Partners und sexuelle Leidenschaft sind wichtig.

2. Spielerische Liebe (Ludus)
Interpersonelle Orientierung richtet sich auf sexuelle Freiheit und Verführung, kurzfristige Beziehungen, wenn Partner nicht dabei ist - wird geflirtet

3. Freundschaftliche Liebe (Storge)
Entsteht aus Freundschaft, wird durch gemeinsame Interessen und Aktivitäten bestimmt, ist die beste Art von Liebe, entsteht aus enger Freundschaft

Sekundär:

Daraus lassen sich folgende Mischformen, Sekundärtypen von Liebesstilen ableiten:

1. Besitzergreifende Liebe (Mania)
Variante der romantischen Liebe, Idealisierung und Besitzansprüche sind mit starken Gefühlen verbunden. Positive Gefühle (Verschmelzung mit dem Partner) sowie auch negative Gefühle (Eifersucht) kennzeichnen diese Form. „Wenn mein Partner mir keine Aufmerksamkeit gibt, fühle ich mich krank.“

2. Pragmatische Liebe (Pragma)
Steht in der Gefühlsintensität im Gegensatz zu der besitzergreifenden Liebe. Die pragmatische Beziehung ist rational begründet und soll der Herstellung von wünschenswerten Lebensbedingungen dienen. „Es ist am besten jemanden aus der gleichen sozialen Schicht zu haben.“

3. Altruistische Liebe (Agape)
Beinhaltet die Opferbereitschaft für den Partner. Personen sind bereit die eigenen Wünsche zurückzustellen und damit das Wohlergehen des Partners zu fördern. „Wenn mein Partner mich braucht, lasse ich alles liegen und stehen.“

Mit Ausnahme von Mania beruhen alle Liebesstile auf eine Gegenseitigkeit. Es gibt keine großen geschlechtsspezifischen Unterschiede, lediglich bei Mania sind meistens Frauen betroffen. Die romantische Liebe ist am Besten, sie bietet Glück und Zufriedenheit. Die spielerische Liebe führt eher zu Unzufriedenheit. Am Dauerhaftesten ist die altruistische Liebe.
• Leidenschaft wird durch romantische Liebe repräsentiert (+ besitzergreifende Liebe)
• Intimität wird durch freundschaftliche Liebe repräsentiert
• Bindung wird durch altruistische Liebe repräsentiert (so wie das Fehlen von spielerischer Liebe)
15. Beziehung zwischen Bindungsstil und Partner- und Selbstbild nach Bartholomew 3404 15
• Nur wenn beide Partner ein positives Selbstbild haben, kommt es nach Bartholomew zum sicheren Bindungsstil. (1)
• Sind beide Selbstbilder negativ, kommt es zu einem ängstlich vermeidenden Bindungsstil (Personen haben in der Vergangenheit Zurückweisungen erlebt, leben in der Angst weitere Zurückweisungen zu erfahren.) (2)
• Ist das Partnerbild positiv und das Selbstbild negativ kommt es zum besitzergreifenden, ängstlich-ambivalenten Bindungsstil. Dieser Bindungsstil ist gekennzeichnet durch inkonsistentes Verhalten, bedingt durch die eigene Unsicherheit. (3)
• Ist das Selbstbild positiv und das Bild vom Partner negativ - kommt es zum gleichgültig-vermeidenden, abweisenden Bindungsstil. (4)
16. Vermeidung und Angst als Grundlage der Bindungsstile 3404 16
In der Bindungsforschung gibt es Übereinstimmung darin, dass den Bindungsstilen zwei Dimensionen zugrunde liegen. Diese werden mit „Vermeidung“ und „Angst“ bezeichnet.
• Sind beide Dimensionen gering ausgebildet kommt es zum sicheren Bindungsstil (1)
• Hohe Ausprägung von Angst und Vermeidung zeigen den unsicheren Bindungsstil (2)
• Hohe Angst und geringe Vermeidung stehen für den verstrickten Bindungsstil (3)
• Geringe Angst und starke Vermeidung stehen für den abweisenden Bindungsstil (4)
Nach Bartholomew resultiert Angst aus einem negativen Selbstbild, d.h. z.B. Angst vor Verlust des Partners (nicht Angst vor der Bindung).
Auch Vermeidung bezieht sich auf das Verhältnis zum Partner, der negativ gesehen wird, d.h. wenn sich jemand selbst positiv sieht, seinen Partner aber nicht (mehr), hat er wenig Angst,den Partner zu verlieren, ist ihm entsprechend wenig zugewandt und hält möglicherweise schon Ausschau nach Alternativen.
17. Entwicklungsphasen romantischer Liebe nach Seiffge-Krenke 3404 17
Seiffge-Krenke hat den „Aufstieg“ des romantischen Partners in der Beziehungshierarchie in einer Längsschnittstudie untersucht. Mit zunehmendem Alter werden erst Freunde und dann der romantische Partner immer wichtiger.
Entwicklung der romantischen Liebe nach Brown:
1. Initiations-Phase
2. Status-Phase
3. Affection-Phase
4. Bonding-Phase
Seiffge-Krenke bestätigt empirisch in Längsschnittstudie die Darstellung der Phasen:

1. Initiations-Phase (11-13 Jahre)
Erste Begegnungen zwischen Mädchen und Jungen. Zuvor spielen die Geschlechter getrennt.
Mädchen und Jungen treffen sich in Gruppen „zufällig“. Romantische Aktivitäten bestehen aus Necken und Augenkontakt. Phantasien spielen in diesem Stadium eine große Rolle.

2. Status-Phase (14-16 Jahre)
Der Status des romantischen Partners aus Sicht der Bezugsgruppe ist wichtig. Man trifft sich mit dem, der besonders attraktiv und beliebt ist. In dieser Phase haben nach Studie Seiffge-Krenke romantische Beziehungen eine Dauer von 5,1 Monaten.

3. Affection-Phase (ca 17-20 Jahre)
Der romantische Partner bekommt besonderes Gewicht. Die Beziehung dauert - nach Studie - 11,6 Monate. Charakteristika der Beziehung: Exclusivität, wichtigste Beziehung für den Jugendlichen, starke Verliebtheit aber auch ambivalente Gefühle wie himmelhochjauchzend zu Tode betrübt, sexuell erfüllend, idealistisch.

4. Bonding-Phase (ca ab 21 Jahre)
Beim Übergang ins Erwachsenenalter erfolgt eine weitere Veränderung in der Entwicklung der romantischen Liebe. Die Tiefe der Beziehung bleibt erhalten. Überschießende Emotionen werden geprüft und überlegt, ob die Beziehung Bestand hat. Aus pragmatischer Sicht eignet sich der Partner für ein Zusammenleben und Familiengründung. Das Paar muss auf der einen Seite Nähe und Intimität finden und auf der anderen Seite Unabhängigkeit.
Die (positiven) Erfahrungen aus den ersten drei Phasen bestimmen die Qualität späterer Beziehungen wesentlich.
18. Geschlechtsspezifische Unterschiede in Partnerwahlstrategien 3404 18
Ein Mann kann im Prinzip viel mehr Kinder zeugen, als eine Frau gebären kann.
• Frauen können nur eine begrenzte Zeit Kinder gebären, Männer bis ins hohe Alter zeugen.
• Frauen sind sich ihrer Elternschaft sicher, Männer nicht.

Aus diesen Unterschieden lassen sich geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Partnerwahl feststellen:
• Männer haben mehr Interesse an unverbindlichen Sex.
• Männer haben mehr Interesse an einer großen Zahl von sexuellen Kontakten.
• Männer sind bei unverbindlichem Sex weniger wählerisch.
• Männer bewerten Frauen mit Anzeichen von Jugendlichkeit und hoher Fruchtbarkeit, während für Frauen eher Ressourcen orientiert auswählen, um die Existenz der Kinder gesichert zu wissen.
• Männer reagieren eifersüchtiger auf Seitensprünge der Frauen, während Frauen eher auf enge emotionale Beziehungen ihres Partners reagieren.
• Männer bevorzugen Partnerinnen die jünger sind, Frauen Partner die älter sind.
Männer legen mehr Wert auf das Aussehen ihrer Partnerin als Frauen auf das Aussehen des Partners
19. Hormone (Oxytozin, Vasopressin) und Monogamie bei Präriewühlmäusen
Die drei Systeme Sexualität, Bindungsverhalten und romantische Liebe (bei Tieren Balzverhalten) werden durch neuronale und hormonale Systeme gekennzeichnet.
• Sexualität beim Menschen durch Geschlechtshormone, bei beiden Geschlechtern durch Testosteron und durch die Aktivität bestimmter neuronaler Netzwerke (Hypothalamus und Amygdala.
• Bindungsverhalten bei Tieren (Säugetieren und Vögel), Zusammenleben, Nestbau, gemeinsame elterliche Brutpflege durch die Hormone Oxytozin und Vasopressin.
Das Balzverhalten bei Tieren und die romantische Liebe beim Menschen stehen im engen Zusammenhang bei dem neuronalen Belohnungssystem und der Ausschüttung der Hormone Dopamin und Norepinephrin (Adrenalin) bei gleichzeitiger Unterdrückung von Serotin.
Sobald ein Präriewühlmausweibchen auf ein geeignetes Männchen trifft, gesteuert über Geruchsbotenstoffe, bereitet sich der Köper auf die Paarung vor. Während der Sexualkontakte werden beim Weibchen Oxytozin und beim Männchen Vasopressin ausgeschüttet. Danach sind die beiden dauerhaft verbunden, bauen ein Nest miteinander und bleiben monogam zusammen. Wird durch eine Injektion dieser Hormonschub verhindert, kommt es zwar zu sexuellen Kontakten aber nicht zur dauerhaften Bindung. Umgekehrt führt die Verabreichung der Hormone ohne vorherigen sexuellen Kontakt zur Monogamie, zur dauerhaften Bindung. Vergleichende Studien von monogamen und nicht monogamen Mäusen zeigen, dass die Menge der jeweiligen Hormone das Bindungsverhalten steuern. Es stellt sich die Frage ob die Monogamie bei Wühlmäusen genetisch bedingt ist.
Bei Untersuchungen von Zwillingspaaren fand Walum et al heraus, dass Männer mit einer bestimmten genetischen Disposition, die mit einer geringeren Vasopressin-Hormonausschüttung einhergeht, seltener glückliche Beziehungen führen als Männer die diese Genvariante nicht besitzen. Da es aber durchaus Zweifel an der genetischen Bedingtheit der Monogamie bei Präriewühlmäusen gibt, ist die Behauptung, dass die Qualität einer Beziehung genetische Ursachen hat, höchst spekulativ.
20. Ähnlichkeiten zwischen romantischer Liebe und Mutterliebe aus gehirnphysiologischer Sicht 3404 20
In einer Studie vergleichen Bartels und Zeki die romantische Liebe mit der Mutterliebe. Dabei ergab sich in der Untersuchung eine Ähnlichkeit. Es wurden Bilder von den eigenen Kindern und Bilder von Kindern einer Freundin betrachtet und bewertet.
Es zeigten sich starke Überlappungen der aktiveren Bereiche, aber auch Übereinstimmungen in Bereichen die in beiden Untersuchungen (Mutterliebe versus romantische Liebe) weniger Aktivität aufwiesen. Die Aktivierungen lagen im gehirnphysiologischen Belohnungssystem (mit vielen Rezeptoren für Oxytozin und Vasopressin). Gleichzeitig konnten reduzierte Aktivitäten in Bereichen festgestellt werden, die mit negativen Emotionen belegt sind. Hier wird deutlich, dass die Liebe blind macht. Daraus lässt sich auch erklären, warum Eltern bei kritischem Verhalten ihrer Kinder gleichmütig reagieren.
Die romantische Liebe wird durch subkortikale Belohnungsareale des Gehirns gesteuert. Romantische Liebe ist ein motivationales System, Belohnungen spielen eine große Rolle.
Es können auch negative Reaktionen hervorgerufen werden. Aus nicht erwiderter Liebe entwickelt sich z. B. Hass und Zorn. Wird eine erwartete Belohnung nicht gewährt, ist die Reaktion oft Zorn. Auch das Kind versucht verlorene Mutterliebe zurückzugewinnen.
Aus Hass und Zorn wird dann Depression, wenn Gefühle nicht erwidert werden. Auch hier werden Parallelen zu der Mutter/Kind/Beziehung festgestellt. Bei lang andauernder Trennung folgt auf die Phase des aggressiven Weinens die Phase des depressiven Verstummens. Resignation und Verzweiflung als Reaktion auf Verlassen werden erzeugt eine Dopaminausschüttung (Nachweis auch bei Säugetieren). Lethargie, Mutlosigkeit, Depression sind die Folge.
21. Zweidimensionales Partnerschaftsmodell von Spanier und Lewis 3404 21
Beim zweidimensionalen Partnerschaftsmodell von Spanier und Lewis handelt es sich um das Modell der ehelichen Qualität und Stabilität. Die beiden Dimensionen beziehen sich auf innere und äußere Aspekte der Partnerschaft.

Die erste Dimension (intra-dyadische Dimension) ist eine Kosten-Nutzen-Abwägung.
Die Partnerschaftsqualität ist hoch, wenn die Kosten-Nutzen-Abwägung positiv ist, und gering, wenn die Kosten den Nutzen übersteigen.

Die zweite Dimension bezieht sich auf externe Faktoren, die die Stabilität der Partnerschaft beeinflussen. So können Barrieren wie finanzielle Aspekte, moralische Wertvorstellungen oder gesellschaftliche Normen einer Trennung entgegenstehen. Aber bessere Alternativen können die Stabilität auch gefährden.

Das zweidimensionale Modell nach Spanier und Lewis ermöglicht die Darstellung von vier Partnerschaftskonstellationen:

1. zufrieden-stabil
2. zufrieden-instabil
3. unzufrieden-stabil
4. unzufrieden-instabil

Es kann erklären, warum stabile Partnerschaften sich auflösen oder unzufriedene Partnerschaften aufrechterhalten werden. So ergibt sich, dass Partnerschaften stabil sind, wenn sie eine hohe Attraktivität aufweisen (Kosten-Nutzen). Keine anderen attraktiveren Partner da sind oder andere hohe Barrieren vorhanden sind.
22. Vulnerabilitäts-Stress-Adaptationsmodell von Karney und Bradbury 3404 22
Auf der Basis einer Metaanalyse von Längsschnittstudien zur Ehezufriedenheit- und stabilität leiteten Karney und Bradbury ein pfadanalytisches Vulnerabilitäts-Stress-Adaptions-Modell ab. Das Modell beschreibt die Wechselwirkungen zwischen überdauernder Eigenschaften der Partner, belastende Ereignisse und den Anpassungs- und Bewältigungsprozessen, die sich auf die Zufriedenheit und die Stabilität in einer Partnerschaft auswirken. Die drei Prädiktoren: „belastende Ereignisse“, „Anpassungs- und Bewältigungsprozesse“ und „überdauernde Eigenschaften“ bedingen sich gegenseitig und stehen in Wechselwirkung miteinander. Das Modell beschreibt die wesentlichen psychologischen Prädiktoren der Partnerschaftszufriedenheit und –stabilität in ihren Wechselwirkungen. Eine stabile und zufrieden stellende Partnerschaft ist dann möglich, wenn die Paare in der Lage sind kritische Lebensereignisse zu bewältigen, geringen Belastungen ausgesetzt sind und wenig überdauernde problematische Eigenschaften mit in die Partnerschaft bringen. Die Partnerschaft ist gefährdet, wenn neurotische Persönlichkeitsmerkmale eines oder bei beiden Partnern vorliegen, vermehrt Krisen durchlebt werden oder die Partner über geringe Bewältigungskompetenzen verfügen. Probleme in der Kommunikation, Commitment (Untreue, geringes Interesse, mangelnder Respekt) sind die wichtigsten Faktoren für Scheidung, noch vor Alltäglicher Stress sowie Probleme mit der Persönlichkeit des Partners.
23. Dyadisches Coping 3404 23
Mit dyadisches Coping ist eine bestimmte Art von Stressbewältigung in der Partnerschaft gemeint. Die Partner erkennen gegenseitig die besondere Belastungen, unterstützen sich und versuchen die Belastungen miteinander zu meistern.

In Bezug auf die Stressbewältigung in Partnerschaften hat sich in vielen Untersuchungen das sog. „dyadische Coping” als wichtigster Prädiktor für einen günstigen Partnerschaftsverlauf herausgestellt.
24. Zusammenhang zwischen Geburtsjahr und Partnerwahlpräferenzen 3404 24
In den letzten Jahrzehenten haben sich die Präferenzen für die Auswahl des Partners geändert: Jüngere schauen bei der Partnerwahl mehr auf postmaterialistische Werte (Selbstverwirklichung), Ältere mehr auf materialistische (Sicherheit). Bei den jüngeren Jahrgängen (nach 1970 geboren) zeigt sich, dass die Bedeutung des materialistischen Wertes wieder ansteigt. Die wirtschaftliche Lage hat offensichtlichl Auswirkung auf die Partnerwahl. Sie achten auf finanzielle Sicherheit wie ihre Großeltern aber auch postmaterialistische Werte wie bei ihren Eltern sind von Bedeutung.
25. Apokalyptische Reiter nach Gottman 3404 25
Gottman fasst die negativen Kommunikationsformen in Form von fünf apokalyptischen Reitern zusammen:
1. Verletzende Kritik: wie Pauschalisierung und Vorwurf (immer lässt du überall deine Socken liegen)
2. Rechtfertigung: Abwehr von der Kritik des Partners und Kontern mit Vorwürfen (Ja, aber ich arbeite doch den ganzen Tag und habe nicht die Zeit…)
3. Verachtung: durch Zynismus, Spott als Folge von lange schwelenden negativen Gedanken für den Partner infolge von ungelösten Problemen, dadurch Verletzung des Partners (als ob du wüsstest was Arbeit ist).
4. Rückzug: der Partner steigt aus der Spirale Kritik, Rechtfertigung, Verachtung aus, ignoriert die Vorwürfe und mauert. Er zeigt damit: du bist mir egal – nicht mal über dich Ärgern ist lohnend.
5. Machtdemonstration: auf Kritik kommt keine Rechtfertigung, sondern die Durchsetzung des eigenen Willens. Kein Interesse an Kompromissen, Interessen werden ohne Rücksicht auf den Partner durchgesetzt. (Ich kann meine Socken liegen lassen wo ich will.)
26. Was ist wichtig für gelingende Paarbeziehungen? 3404 26
Gottman sagt, dass für eine gelingende Paarbeziehung eine insgesamt positive emotionale Beziehung Voraussetzung ist, er nennt dies „Freundschaft“.
Man beachte die fünf Liebesformeln nach Kast:
1. Zuwendung: Mitteilen von Sorgen, besprechen alltäglicher Probleme, Zuwendung dem Partner im Alltag schenken.
2. Wir-Gefühl: Beide Partner müssen von der Beziehung profitieren. Es muss ein Geben und Nehmen sein. Wenn das Beziehungskonto nur zu Lasten eines Partners geht ist es bald leer.
3. Akzeptanz: Es gibt nicht den perfekten Partner. Jeder muss anerkennen, dass der andere Partner auch Schwächen und Stärken hat. Geschieht das nicht, folgt ein Partnerwechsel in der Hoffnung, den idealen Partner zu finden.
4. Positive Illusionen: In gelungenen Paarbeziehungen akzeptieren die Partner nicht nur große und kleine Schwächen, sondern sehen den Partner durch die rosarote Brille. Je positiver die Einschätzung des Partners, umso glücklicher die Beziehung.
5. Aufregung im Alltag: Das Suchen von gemeinsamen Herausforderungen im Alltag, Highlights und gemeinsame attraktive Unternehmungen stärken das Wir-Gefühl.
1. John Bowlby: beruflicher Hintergrund, Forschungsinteressen 3404-B 1
John Bowlby engl. (1907 – 1990) – der Begründer (Vater) der Bindungstheorie
Beruflicher Hintergrund:
• Mediziner (kein Psychologe) Schwerpunkt Kinderpsychiatrie + Psychoanalytische Ausbildung bei Freundin von Melanie Klein
• Praxisbezogen – hospitiert an 2 Schulen für „problematische“ Kinder und Jugendliche – Erfahrungen sammeln über Entwicklungsbedingungen die zu Fehlverhalten führt
• Lernt 2 Sozialarbeiter kennen an der London Child Guidance Clinic (u.a. James Robertson)
• Nach 2. Weltkrieg: Leiter der kinderpsychiatrischen Abteilung der Tavisstock Clinic in London – lernt dort Mary Ainsworth kennen – lebenslange Zusammenarbeit

Forschungsinteressen:
• Hauptfrage: Welche Folgen resultieren für Kinder (und ihre Entwicklung) aus einer Trennung von ihren Hauptbezugspersonen (zumeist Mutter)?
• Aus den praxisbezogenen Erfahrungen ergibt sich die Frage: Was gibt es zu tun um den Kindern in ihrer Entwicklung zu helfen?
• Lernt 2 Sozialarbeiter kennen an der London Child Guidance Clinic (u.a. James Robertson) – Interesse für die aktuellen und realen Entwicklungsbedingungen von Kindern und für die Konsequenzen mütterlicher Deprivation (= Entbehren) auf die kindliche Entwicklung.
• Robertson und Bowlby – reales Leben der Kinder + Abwesenheit der Mütter.
2. Bindungstheorie:
• John Bowlby engl. (1907 – 1990) – der Begründer (Vater) der Bindungstheorie
zu a) Theoretische Einbettung:
• Mary D. Salter Ainsworth - Amerikanische Entwicklungspsychologin die bekannt ist für ihr Werk über frühe emotionale Unterstützung - Untersuchungsumgebung „The Strange Situation“
• Geprägt von ethologischen Forschungsbefunden: Konrad Lorenz, Nikolaas Tinbergen (Prägungskonzept, sensible Phasen) Bekanntschaft mit dem Verhaltensforscher Robert Hinde
zu b) Zentraler Aspekt
• Zentrale Rolle von Beziehungen für die lebenslange Entwicklung
• Soziogenetische Theorie – psychische Funktionen (Selbst) sind sozialen Ursprungs
soziogenetisch heißt: psychische Funktionen resultieren aus sozialen Beziehungen – genetisch abgeleitet von Genese, nicht von Genetik – Selbstwahrnehmung resultiert aus der Fremdwahrnehmung die ich als Kind aufgenommen habe
zu c) Definition Bindung:
Bindung ist ein sich in der frühen Entwicklung etablierendes emotionales Band zwischen dem Kind und ausgewählten Bindungspersonen (Mutter)
zu d) Begriffsverständnis bzw. - unterscheidung:
Bindungssystem
• „überwacht“ die physische Nähe / Distanz und psychologische Verfügbarkeit einer Bindungsperson und aktiviert und reguliert entsprechendes Bindungsverhalten.
Bindungsverhalten
• Sichtbares Verhalten (Nähe/Distanz) zur Bezugsperson – Abhängiges Verhalten von der wechselseitigen Beziehung zur Bezugsperson
(Wieviel bedeutet die Anwesenheit der Bezugsperson in dem beobachteten Moment)
Kommentar: in welchen Situationen wird Bindungsverhalten gezeigt?
NEU: In unvertrauten Situationen oder wenn sich das Kind unwohl fühlt, wird Bindungsverhalten aktiviert (und sichtbar), also Suchen der Bindungsperson, Hinkrabbeln, Festklammern, Weinen. In einer sicheren Situation wird das Bindungsverhalten nicht aktiviert, es ist einfach nicht notwendig.
Explorationsverhalten
• Selbstständiges Spiel etc. unabhängig von der Bezugsperson (Wie weit wagt sich das Kind von seiner Bezugsperson weg – geistig (versunken in das Spiel) und körperlich (spielt es in Sichtweite oder außerhalb)
zu e) Funktion des Bindungssystems
• Wenn sich das Kleinkind sicher fühlt, fungiert die Bindungsperson als „sichere Basis“, deren Präsenz Explorationsverhalten, Spiel etc. ermöglicht
3. Beschreibung des Regelkreisprinzips von Explorations- und Bindungssystem
• Explorations- und Bindungssystem sind komplementär, unter Stressbedingungen wird Explorationsverhalten unterbrochen und Bindungsverhalten aktiviert und sichtbar (Regelkreis-Prinzip)
• Immer währende Austarierung zwischen Explorationsverhalten und des Bindungsverhalten
je stabiler das Kind die Bindung in der Stresssituation wahrnimmt (= Gefühl der Sicherheit wieder herstellt), desto leichter kann es nach dem Aufheben der Stresssituation wieder in das Explorationsverhalten übergehen.
4. Beziehung zwischen Fürsorgesystem und Bindungssystem 3404-B 4
Bindungssystem – Fürsorgesystem
• Korrespondierendes Verhaltenssystem auf elterlicher Seite: Fürsorgesystem
• Bindungs- und Fürsorgesystem: aus der Evolution hervorgegangen – sichert das Überleben des Kindes
5. Was ist mit der Aussage gemeint: „Das Bindungssystem ist umweltstabil“?
• = Jedes Kind entwickelt im ersten Lebensjahr selbst bei einem Minimum von Interaktionskontakten eine personenspezifische Bindung
Umweltstabil = genetisch gegeben – zur Sicherung des Überlebens der Spezies
• Die Ausformung einer spezifischen Bindungsqualität ist umweltlabil
Umweltlabil = Bindungsmuster ist erfahrungsabhängig - verschiedene Bindungsstile, individuelle Unterschiede der Bindungsqualitäten
1. John Bowlby: beruflicher Hintergrund, Forschungsinteressen 3404-B 1
John Bowlby engl. (1907 – 1990) – der Begründer (Vater) der Bindungstheorie
Beruflicher Hintergrund:
• Mediziner (kein Psychologe) Schwerpunkt Kinderpsychiatrie + Psychoanalytische Ausbildung bei Freundin von Melanie Klein
• Praxisbezogen – hospitiert an 2 Schulen für „problematische“ Kinder und Jugendliche – Erfahrungen sammeln über Entwicklungsbedingungen die zu Fehlverhalten führt
• Lernt 2 Sozialarbeiter kennen an der London Child Guidance Clinic (u.a. James Robertson)
• Nach 2. Weltkrieg: Leiter der kinderpsychiatrischen Abteilung der Tavisstock Clinic in London – lernt dort Mary Ainsworth kennen – lebenslange Zusammenarbeit

Forschungsinteressen:
• Hauptfrage: Welche Folgen resultieren für Kinder (und ihre Entwicklung) aus einer Trennung von ihren Hauptbezugspersonen (zumeist Mutter)?
• Aus den praxisbezogenen Erfahrungen ergibt sich die Frage: Was gibt es zu tun um den Kindern in ihrer Entwicklung zu helfen?
• Lernt 2 Sozialarbeiter kennen an der London Child Guidance Clinic (u.a. James Robertson) – Interesse für die aktuellen und realen Entwicklungsbedingungen von Kindern und für die Konsequenzen mütterlicher Deprivation (= Entbehren) auf die kindliche Entwicklung.
• Robertson und Bowlby – reales Leben der Kinder + Abwesenheit der Mütter.
2. Bindungstheorie:
• John Bowlby engl. (1907 – 1990) – der Begründer (Vater) der Bindungstheorie
zu a) Theoretische Einbettung:
• Mary D. Salter Ainsworth - Amerikanische Entwicklungspsychologin die bekannt ist für ihr Werk über frühe emotionale Unterstützung - Untersuchungsumgebung „The Strange Situation“
• Geprägt von ethologischen Forschungsbefunden: Konrad Lorenz, Nikolaas Tinbergen (Prägungskonzept, sensible Phasen) Bekanntschaft mit dem Verhaltensforscher Robert Hinde
zu b) Zentraler Aspekt
• Zentrale Rolle von Beziehungen für die lebenslange Entwicklung
• Soziogenetische Theorie – psychische Funktionen (Selbst) sind sozialen Ursprungs
soziogenetisch heißt: psychische Funktionen resultieren aus sozialen Beziehungen – genetisch abgeleitet von Genese, nicht von Genetik – Selbstwahrnehmung resultiert aus der Fremdwahrnehmung die ich als Kind aufgenommen habe
zu c) Definition Bindung:
Bindung ist ein sich in der frühen Entwicklung etablierendes emotionales Band zwischen dem Kind und ausgewählten Bindungspersonen (Mutter)
zu d) Begriffsverständnis bzw. - unterscheidung:
Bindungssystem
• „überwacht“ die physische Nähe / Distanz und psychologische Verfügbarkeit einer Bindungsperson und aktiviert und reguliert entsprechendes Bindungsverhalten.
Bindungsverhalten
• Sichtbares Verhalten (Nähe/Distanz) zur Bezugsperson – Abhängiges Verhalten von der wechselseitigen Beziehung zur Bezugsperson
(Wieviel bedeutet die Anwesenheit der Bezugsperson in dem beobachteten Moment)
Kommentar: in welchen Situationen wird Bindungsverhalten gezeigt?
NEU: In unvertrauten Situationen oder wenn sich das Kind unwohl fühlt, wird Bindungsverhalten aktiviert (und sichtbar), also Suchen der Bindungsperson, Hinkrabbeln, Festklammern, Weinen. In einer sicheren Situation wird das Bindungsverhalten nicht aktiviert, es ist einfach nicht notwendig.
Explorationsverhalten
• Selbstständiges Spiel etc. unabhängig von der Bezugsperson (Wie weit wagt sich das Kind von seiner Bezugsperson weg – geistig (versunken in das Spiel) und körperlich (spielt es in Sichtweite oder außerhalb)
zu e) Funktion des Bindungssystems
• Wenn sich das Kleinkind sicher fühlt, fungiert die Bindungsperson als „sichere Basis“, deren Präsenz Explorationsverhalten, Spiel etc. ermöglicht
3. Beschreibung des Regelkreisprinzips von Explorations- und Bindungssystem
• Explorations- und Bindungssystem sind komplementär, unter Stressbedingungen wird Explorationsverhalten unterbrochen und Bindungsverhalten aktiviert und sichtbar (Regelkreis-Prinzip)
• Immer währende Austarierung zwischen Explorationsverhalten und des Bindungsverhalten
je stabiler das Kind die Bindung in der Stresssituation wahrnimmt (= Gefühl der Sicherheit wieder herstellt), desto leichter kann es nach dem Aufheben der Stresssituation wieder in das Explorationsverhalten übergehen.
4. Beziehung zwischen Fürsorgesystem und Bindungssystem 3404-B 4
Bindungssystem – Fürsorgesystem
• Korrespondierendes Verhaltenssystem auf elterlicher Seite: Fürsorgesystem
• Bindungs- und Fürsorgesystem: aus der Evolution hervorgegangen – sichert das Überleben des Kindes
5. Was ist mit der Aussage gemeint: „Das Bindungssystem ist umweltstabil“?
• = Jedes Kind entwickelt im ersten Lebensjahr selbst bei einem Minimum von Interaktionskontakten eine personenspezifische Bindung
Umweltstabil = genetisch gegeben – zur Sicherung des Überlebens der Spezies
• Die Ausformung einer spezifischen Bindungsqualität ist umweltlabil
Umweltlabil = Bindungsmuster ist erfahrungsabhängig - verschiedene Bindungsstile, individuelle Unterschiede der Bindungsqualitäten
6. Phasen der Bindungsentwicklung
0-3 Monate: einfache, sofort aktivierbare Verhaltenssysteme sind wirksam
3-6 Monate: einfache, sofort aktivierbare Verhaltenssysteme sind wirksam und richten sich etwa ab dem 4. Monat langsam auf spezifische Personen
6 Monate - 3 Jahre: spezifische Bindung des Kindes an einige wenige Bezugspersonen tritt deutlich in Erscheinung; Bindungsverhaltenssystem wird zielorientiert auf die Nähe zur Bindungsperson hin orientiert
ab 3 Jahren: Ziel-"korrigierte" Partnerschaft zwischen den Bindungspartnern. Mit wachsenden kognitiven Fähigkeiten gewinnt das Kind durch Beobachtung und Erfahrung Einblick in die Motive, Gefühle und Interessen der Bindungsperson und berücksichtigt diese zunehmend bei der Verwirklichung der eigenen Pläne und Absichten.
7. Fremde-Situation-Test (Strange Situation Test, SST) von Mary Ainsworth
Mary Ainsworth und ihre Kollegen entwickelten Ende der 1960er Jahre mit der sogenannten „Fremden Situation“ ein Setting zur Erforschung kindlicher Bindungsmuster. Mary Ainsworth gelang es, individuelles kindliches Bindungsverhalten im Sinne von Bowlbys Theorie in einer qualitativen Testsituation beobachtbar zu machen. Hierbei finden 12 bis 18 Monate alte Kinder die typischen Gegebenheiten in einer annähernd natürlichen Situation vor, die nach Bowlbys Theorie sowohl Bindungs- als auch exploratives Verhalten aktivieren. Wesentlich für die Analyse des Bindungsmusters ist das Verhalten des Kindes bei An- bzw. Abwesenheit der Mutter sowie bei deren Rückkehr. Dieses wird mittels Videokamera aufgezeichnet und hinsichtlich der Verhaltens- bzw. Bewältigungsstrategien des Kindes bei Trennungsstress analysiert. (wikipedia)
Kommentar: Letzter Satz ist unpräzise: es geht v.a. um die Reaktionen in den "Wiedervereinigungsszenen".
. Die validesten Informationen über die Qualität der Bindungsbeziehungen ließen sich aus der Art ermitteln, wie das Kind die Mutter nach den kurzen Trennungen empfängt (Szenen 5 und 8). (aus: Oerter/Montada 2002, S. 199)
7a) Fremde-Situations-Test: Beschreibung der einzelnen Schritte:
1. Mutter und Kind werden vom Beobachter in einen Raum geführt. Mutter setzt Kind auf den Boden.
2. Mutter und Kind sind allein. Die Mutter liest eine Zeitschrift. Das Kind kann die Umgebung und das Spielzeug erkunden.
3. Eine "freundliche Fremde" tritt ein, setzt sich, unterhält sich mit der Mutter eine Minute lang und beschäftigt sich dann auch mit dem Kind.
4. Die Mutter verlässt unauffällig den Raum. Die Fremde bleibt mit dem Kind allein. Sie beschäftigt sich mit ihm und tröstet es, wenn dies notwendig ist.
5. Die Mutter kommt zurück, während die Fremde geht. Mutter und Kind sind allein. Die Mutter beschäftigt sich mit dem Kind und versucht es wieder für das Spielzeug zu interessieren .
6. Die Mutter verlässt mit deutlichem Abschiedsgruß den Raum und lässt das Kind allein.
7. Die Fremde tritt ein. Sie tröstet (wenn notwendig) das Kind.
8. Die Mutter kommt wieder, die Fremde verlässt gleichzeitig den Raum .
7b.) Fremde Situations Test: Klassifizierung der Bindungsmuster (Interaktionsstil der Mütter) und
c. Prozentuale Verteilung der Bindungsmuster
Bindungsmuster Kind
(auch Bindungsstil, -qualität) Interaktionsstil Mutter
(aus heimischer Beobachtung)
B – sicher, balanciert „feinfühlig“ (Fachbegriff):
▪ Wahrnehmung der Befindlichkeit des Säuglings
▪ richtige Interpretation
▪ prompte Reaktion
▪ angemessene Reaktion
A - unsicher-vermeidend Vermeidung von Körperkontakt außerhalb von Pflegesituationen
C - unsicher-ambivalent sehr unzuverlässiges Verhalten
D – desorganisierte, desorientierte Kinder nach Mary Main, hier nicht relevant
7c. Fremde-Situations-Test - Beobachtungssequenzen für die Klassifizierung des Bindungsstils
Phase 5 und Phase 8, Rückkehr der Mutter.
Die Kinder zeigten dabei vier Strategien der Nähe-, Distanz- und Emotionsregulation: Nähesuchen, Kontakthalten, Widerstand gegen Körperkontakt, Vermeidungshaltung.
8. Stabilität der Bindungsklassifikation im Kleinkindalter im weiteren
Entwicklungsverlauf 3404-B 8
es gibt sehr viele Studien dazu, jedoch widersprüchliche Befunde. So wurde z.B. festgestellt, dass eine harmonische Beziehung die im Alter von 2 Jahren zu den Eltern besteht inkonsistente Ergebnisse im Alter zwischen 2,5 - 10 Jahren liefert. Auch im Hinblick auf andere Maße, wie z.B. die soziale Entwicklung und die Persönlichkeit finden sich sehr gemischte Ergebnisse. Die Regensburger Längsschnittstudie von Ulrike Wartner (vgl. Grossmann, 2004, S. 317-324), welche auf der Untersuchung von Mary Main et. al. (1985) aus Berkeley aufgebaut ist , untersuchte die Stabilität von 12 bzw. 18 Monaten bis 6 Jahre in Regensburg und Bielefeld. Es gibt aber auch hier uneindeutige Ergebnisse in Regensburg und Bielefeld bei 10jährigen und keine Stabilität fand sich mehr bei 16jährigen.
9. Was sind „Internale Arbeitsmodelle“ (Internal Working Models of „Self“ and „Other”)?
Internal Working Models (Internale Arbeitsmodelle) sind definiert als das Bild von sich selbst, das Bild von den anderen und das Bild von der Beziehung zwischen den beiden, wie sie sich während der bisherigen sozialen Interaktion einer Person (vorwiegend mit Bindungspersonen) herausgebildet haben. (aus: Methoden der klinischen Bindungsforschung)
Die Arbeitsmodelle der eigenen Person und der Bindungsperson sind nach Bowlby komplementär: Das Arbeitsmodell vom "Anderen" ist emotional verfügbar, unterstützt Exploration. Kommentar: Das stimmt so nicht. WENN der andere als verfügbar, wertschätzend etc. wahrgenommen wird, dann ist das eigene Selbstbild auch positiv. Beim Arbeitsmodell vom "Selbst" fühlt sich die Person wertgeschätzt und kompetent. Beide Seiten einer Beziehung werden durch die komplementären Arbeitsmodelle repräsentiert.

NEU:Die Arbeitsmodelle der eigenen Person und der Bindungsperson sind nach Bowlby komplementaer: Beispiel:
Arbeitsmodell vom "Anderen": der andere ist emotional verfügbar und unterstützt die Exploration
Arbeitsmodell vom "Selbst": "Selbst" fühlt sich wertgeschätzt (aufgrund der emotionalen Verfügbarkeit des "Anderen" -> der andere ist für mich da) und kompetent (der andere unterstützt meine Exploration -> also wird mein Tun gut sein)

Entsprechend unterschiedlich sieht das Arbeitsmodell vom "Selbst" aus, wenn das Arbeitsmodell vom "Anderen" anders ist: ist der "Andere" ist nicht emotional verfügbar und unterstützt die Exploration nicht, fühlt sich das "Selbst" nicht wertgeschätzt und nicht kompetent, und entwickelt also ein anderes Arbeitsmodell vom "Selbst".
Beide Seiten einer Beziehung werden durch die komplementären Arbeitsmodelle repräsentiert.
Methoden: Geschichtenergänzungsaufgabe (Puppenspiel), Adult Attachement Interview
10. Möglichkeiten zur Erfassung von Bindungsqualitäten bei älteren Kindern und Erwachsenen
a) Methode:
Adult Attachement Interview:
• Instrument für Jugendliche und Erwachsene zur Diagnose des Bindungsstils,
• halbstrukturiertes Interview zur Rekonstruktion der Beziehung zur Mutter und zum Vater
• Auswertung richtet sich auf Formaspekte der Schilderung der Beziehung (Kohärenz, Konstitenz), nicht auf Inhalte
b) Auswertung:
Fragen zum Erleben in der frühen Kindheit, zur Beziehung zu den Eltern:
Beziehung zur Mutter und zum Vater: Nennung von jeweils 5 Eigenschaften mit konkreten Erläuterungen.
Vergleich der Beziehungen zu Mutter und Vater.
Die Auswertung richtet sich, wie bereits gesagt, nicht auf die Inhalte der Antworten, sondern auf die Formaspekte der Schilderung der Beziehungen. Auch hier gibt es verschiedene Bindungsstile (4):
Bindungsstil Merkmale des Interviews
sicher-autonom Wertschätzung der Beziehung,
kohärente und objektive Darstellung
unsicher-distanziert Auswirkung bindungsrelevanter Erfahrung wird abgestritten, abgewertet oder geschönt;
z.B. kann die Darstellung fast perfekter Eltern nicht mit konkreten Erinnerungen belegt werden.
unsicher-verwickelt aktiv-ärgerliche oder passive Verstrickung mit der vergangenen Beziehung;
irrelevante langatmige Schilderungen
unverarbeitet-traumatisiert vor allem bei traumatischen Erlebnissen plötzlicher Wechsel im Sprachstil, Gedankenfehler
Aus: Asendorpf, 2000, S. 195
Aus der Auswertung dieser Fragen wurde der Bindungsstil erfasst:
sicher-autonome Mütter: sicher gebundene Kinder
unsicher-distanzierte Mütter: vermeidende Kinder
unsicher-verwickelte Mütter: ambivalente Kinder