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15. Was ist eine „invariante Entwicklungssequenz“? Kann man in der moralischen Urteilsentwicklung eine Stufe überspringen? Kann man auf frühere Stufen zurückfallen?
Invariante (Adjektiv zu Invarianz - Invarianz ist die Unveränderlichkeit von Größen) Entwicklungssequenz

*

Die Niveaus der sozialen Perspektivenübernahme stellen wie die Stufen der moralischen Urteilsentwicklung nicht nur eine hierarchische Entwicklungssequenz dar, sondern charakterisieren auch unterschiedliche Denk- und Handlungsorientierungen im Erwachsenenalter.
*

Die Entwicklung verläuft sequentiell von Stufe zu Stufe bis zum jeweiligen individuellen »Endpunkt«.

Stufe überspringen? - Stufen zurückfallen?

*

Es kann keine Stufe ausgelassen werden oder übersprungen werden.
*

Argumentationen können situationsbedingt auf niedriger Stufe erfolgen, das moralisch Urteilsvermögen bleibt aber auf der bisher erreichten Stufe und fällt nicht zurück.
*

Kohlberg beobachtete bei Jugendlichen eine Regression von Stufe 4 auf Stufe 2. Allerdings ist es sehr schwer, zwischen einer „echten“ Regression und einer von der Kompetenz unterschiedlichen Performanz zu unterscheiden. Zudem bezieht sich die Theorie von Kohlberg hauptsächlich auf die Entwicklung der moralischen Urteilskompetenz
16. Zusammenhang zwischen moralischem Urteil und moralischem Handeln
*

Alltagsdenken – Viele Menschen tendieren dazu sich moralisch besser darzustellen als sie tatsächlich handeln.

*

Denken, Handeln und Reden – Keiner weiß, was ein Mensch denkt, man kann nur hören was er sagt – vielleicht stimmt sein handeln ja mit seinem denken überein.
*

Kohlberg und Candee (1984) sind nicht der Auffassung, dass das moralische Urteilsniveau allein das moralische Handeln bestimmt. Sie gehen davon aus, dass eine für richtig gehaltene Entscheidung nur dann in die Tat umgesetzt wird, wenn man sich in einer Situation subjektiv verantwortlich fühlt und bestimmte »nichtmoralische« Fähigkeiten der »Ich-Kontrolle« die Ausführung der Handlung unterstützen.
*

Nichtmoralische Fähigkeiten der Ich-Kontrolle = kognitive Fähigkeiten wie Intelligenz (Entwicklung eines Handlungsplans zum Erreichen des moralischen Ziels) – Aufmerksamkeit – Fähigkeit zum Belohnungsaufschub (beharrliches Verfolgen des Plans auch wenn das Ziel (Belohnung) in weiter Ferne liegt)
*

Lehnt sich an das Vier-Komponenten-Modell der Entstehung moralischen Verhaltens von Rest (1983, 1986) an. Siehe Frage 17
*

Darley undLatane (1986)
- Hilfeleistungen hängen von bestimmten Vorbedingungen ab. Nur dann, wenn 1. Ein Vorfall bemerkt, 2. Als Notfall erkannt und 3. Persönliche Verantwortung übernommen wird, kommt es zum Eingreifen, zur Hilfeleistung
- Die Anwesenheit weiterer Personen macht das Eingreifen weniger wahrscheinlich: „Abschieben der Verantwortung“
*

Die Frage ist mit welchen Erwartungen an diesen Zusammenhang gegangen wird. - Manipulationen können vorgenommen werden – Können nicht nur die anderen, sondern man kann selbst getäuscht werden? Verschiedene Ausführungen hierzu siehe Studienbrief pdf-Version ab Seite 86
*

Handeln unterhalb des Kompetenzniveaus – Komplexität der Situation wird nicht erfasst, Komplexität der Konsequenzen des eigenen Handelns wird nicht reflektiert = Soziale Perspektive wird unterhalb des Kompetenzniveaus eingenommen, da eine oberflächliche Deckungsgleichheit von sozialer Perspektive und spezifischer Problemsituation gegeben scheint.
*

Komplexität der Situation überfordert = Die Person ist nicht in der Lage die Perspektiven aller Beteiligten zu erfassen und gegeneinander abzuwägen
*

Kohlberg ist der Meinung, dass die Situationsgebundenheit des moralischen Denkens von Stufe zu Stufe abnimmt.
*

Zur empirischen Prüfung des Zusammenhangs zwischen Urteil und Handeln sind nur asymmetrische Problemsituationen geeignet
17. Vier-Komponenten-Modell der Entstehung moralischen Verhaltens (Rest, 1986)
*

Komponente 1: Interpretation der Situation in Hinsicht darauf, wie die eigenen Handlungen das Wohlergehen anderer beeinflussen.
*

Komponente 2: Formulieren, was eine moralische Handlungsweise sein würde; das moralische Ideal in einer spezifischen Situation identifizieren.
*

Komponente 3: Unter den konkurrierenden Idealen – die in verschiedene Werte resultieren – dasjenige auswählen, nach dem man sich richtet; entscheiden, ob man versuchen soll, sein moralisches Ideal zu erfüllen oder nicht.
*

Komponente 4: Durchführen und Vollenden dessen, was man zu tun beabsichtigt (Rest, 1986, S. 25f.).

" Die Komponenten dieses Modells versteht Rest (1986) als Haupteinheiten der Analyse, wie eine spezifische Handlungsweise im Kontext einer spezifischen Situation hervorgerufen wird. Es verdeutlicht, dass die von Blasi (1980) in seiner Übersicht von Studien zum Zusammenhang zwischen moralischem Urteil und Verhalten gefundenen uneinheitlichen Ergebnisse durchaus zu erwarten waren." (aus dem Studienbrief, S. 85)
18. Selbstaufmerksamkeit und moralisches Verhalten
*

Selbstaufmerksamkeit - Zustand, in dem die Aufmerksamkeit weniger auf externe Ereignisse als auf das eigene Selbst gerichtet ist
*

Selbstaufmerksamkeit bewirkt, dass Diskrepanzen zwischen Verhalten und Intention stärker bewusst und meistens negativ erlebt werden
*

Selbstaufmerksamkeit erschwert Selbsttäuschung
*

höchste uns zur Verfügung stehende moralische Stufe = ideale Selbstaufmerksamkeit.
Folge: ohne Selbstaufmerksamkeit ist Performanz entsprechend der Kompetenz erschwert
getestet mit Befragung unter Spiegel-Bedingung (mit Spiegel "moralischeres Verhalten")
*

dauerhafte Selbstunaufmerksamkeit verhindert Weiterentwicklung und "fixiert" Kompetenz auf einer einmal erreichten Stufe
19. Gibt es eine weibliche Moral? (Stufenfolge von Gilligan) / Fürsorge- vs. Gerechtigkeitsmoral
*

Nach Meinung Gilligans greifen die Theorien von Piaget und Kohlberg zu kurz und erfassen das spezifische „weibliche“ des moralischen nicht oder zumindest nur unzureichend. Frauen entwickeln eine weibliche Fürsorgemoral = Gegensatz zur männlichen Gerechtigkeitsmoral. - Stufensequenz der weiblichen Entwicklung enthält die Bereiche soziale Konvention und Moral
*

Nach Kohlbergs Theorie Frauen häufiger in der Stufe 3 einsortiert und Männer in der Stufe 4 – Gilligan löst die Stufen 3 und 4 aus ihrer hierarchischen Beziehung heraus und stellt sie nebeneinander. - Strukturelle Gleichwertigkeit von weiblicher und männlicher Moral = alternative Entwicklungssequenzen
*

Fürsorgemoral = situationssensitiv und flexibel – ein mit anderen verbundenes Selbst – Orientierung der moralischen Erwägungen an dem konkreten Interaktionsgefüge der beteiligten Personen
*

Gerechtigkeitsmoral = situationsunabhängig und rigide – ein als autonom und unabhängig empfundenes Selbst – Orientierung der moralischen Erwägungen an abstrakten Rechten und Pflichten
*

Später vertritt Gilligan die Auffassung, dass die Fürsorgemoral nicht nur bei Frauen zu finden ist, aber Männer bevorzugen die Gerechtigkeitsmoral und Frauen die Fürsorgemoral.
*

Kohlberg bestreitet die strukturellen Unterschiede zwischen weiblicher und männlicher Moral, die von Gilligan postuliert wurden, er geht davon aus, dass sich Gerechtigkeitsmoral und Fürsorgemoral gegenseitig ergänzen.

Entwicklungssequenz weiblicher Fürsorgemoral nach Gilligan

Präkonventionell:

Orientierung auf individuelles Überleben


Egozentrische Perspektive – Selbst als einziges Objekt der Fürsorge

1. Übergangsphase:

von Egoismus zu Verantwortlichkeit


Zugehörigkeit und Verbindung zu anderen treten in den Vordergrund

Konventionell:

Gutsein als Verzicht


Altruismus – den gesellschaftlichen Konventionen von Weiblichkeit entsprechend

2. Übergangsphase:

von Gutsein zu Wahrheit


Ablegen der konventionellen Stimme – Suche nach Vereinbarkeit der Bedürfnisse von Selbst und Anderen

Postkonventionell:

Moral der Gewaltlosigkeit


Synthese von Egoismus und Altruismus durch Anerkennung der wechselseitigen Abhängigkeit von Selbst und Anderen, Anteilnahme als selbst gewähltes Prinzip schließt Selbst ein.

*

Empirisch ist die Geschlechtsspezifizität der Moral schwer nachweisbar.
20. Unterschiede zwischen moralischen Problemen und sozialen Konventionen
#

Turiel (1982) unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen moralischen und auf soziale Konventionen bezogenen Urteilskonzepten. In Anlehnung an Max Weber (1964) definiert er soziale Konventionen als Regelmäßigkeiten im Verhalten, die die Interaktionen von Individuen in sozialen Systemen koordinieren.
#

Bereichskonflikte
Situationen, die als moralische, aber auch als durch soziale Konventionen bestimmte Probleme angesehen werden, können potentiell zu Bereichskonflikten führen.
#

Turiel & Smetana (1986) nennen drei Modi von Bereichsverbindungen:
»(1) eine überwiegende Betonung des einen Bereichs, verbunden mit der Unterordnung des anderen;
(2) ein Konflikt zwischen beiden, verbunden mit inneren Widersprüchen und dem Ausbleiben einer Lösung oder einer Versöhnung der beiden Komponenten;
(3) eine Koordination beider Komponenten in dem Sinne, dass sie beide in der Problemlösung berücksichtigt wurden« (S. 127).
#

Bei Themen, die sowohl dem moralischen Bereich als auch dem sozialen Bereich zugeordnet werden können entscheidet die persönliche Zuordnung des Bereiches über die Entscheidung die letztendlich getroffen wird.
#

Nicht nur die Struktur eines moralischen Problems kann asymmetrisch sein, sondern auch der jeweilige Inhalt.
#

Fassen wir noch einmal zusammen:
Wenn Frauen bestimmte Probleme rollen- und sozialisationsgemäß anders rekonstruieren als Männer, spricht dies noch nicht für Gilligans These der zwei Moralen.
21. Kritik am Modell von Gilligan
*

Debra Nails – methodisch problematische Vorgehensweise Gilligans = Interviewmaterial wird einseitg und selektiv in Hinblick auf die eigenen Hypothesen präsentiert – wissenschaftlich kann man den Schlussfolgerungen nicht trauen
*

Empirie – Gilligans Ansatz wenig begründigt bzw. bestätigt
*

Begrifflichkeit der unterschiedlichen Moralen ist unklar – z.B. Begriff Fürsorge nach Gilligan ist wissenschaftlich unklar, da er zu sehr am „Alltagsbegriff“ Fürsorge, Versorgen hängt.
*

Beide Formen (Fürsorge- bzw. Gerechtigkeitsmoral) existieren auch beim jeweils anderen Geschlecht

*

Rollenbezogene Meinungsdiskrepanzen erklären sich oft durch situative Betroffenheit
*

Fürsorge setzt auch Selbstfürsorge voraus
*

Sozialisationsbedingt ander Rekonstruktion von Problemen belegt noch keine andere Moral bei Frauen
22. Take-the-Best-Heuristik
Nach Gigerenzer (2007) neigen Menschen dazu, sich in problematischen Situationen intuitiv nach einem einzigen guten Grund zu entscheiden ("Bauchgefühl").

Die Kriterien werden in eine lineare Reihenfolge gebracht und abgearbeitet:

Nimm das erste Kriterium und entscheide – wenn sich kein relevanter Unterschied ergibt, nimm das zweite, und so weiter...

* Heuristik = die Kunst, mit begrenztem Wissen und wenig Zeit zu guten Lösungen zu kommen,

* also kognitiv sparsam, aber in vielen Entscheidungsfällen treffsicherer als komplexe Berechnungen...
23. Milgram-Experiment
Versuchsablauf:

In einer fingierten Situation wurden Versuchspersonen in der Rolle des "Lehrers" von einem Versuchsleiter angeleitet, in einem angeblichen Lernexperiment einer vorgespielten Versuchsperson, die die Rolle des "Schülers" eingenommen hat, Stromschläge anhand eines Schockgenerators zu verabreichen.

Ergebnisse des ersten Experimentes (Milgram, 1982):

*

65% der zum Lehrer bestimmten Versuchsperson folgten den Anordnungen des Versuchsleiters bis hin zu lebensgefährlichen Stromschlägen
*

nur 35 % brachen vorher ab

spätere Variationen zeigten Bedingungen, die besonders einflussreich sind:

*

die räumliche Nähe zwischen Lehrer und Schüler (positive Korrelation zu Abbrüchen)
*

die Konsequenz, mit der der Versuchsleiter seine Aufforderungen vertritt (negative Korrelation zu Abbrüchen)
*

die Anwesenheit von weiteren Personen, die ungehorsam sind oder die Autorität des Versuchsleiter »beschädigen« (positive Korrelation zu Abbrüchen)


Das Experiment liefert ein Muster dafür, wie man Personen zu Handlungen bringen kann, die sie normalerweise nicht durchführen. Die situativen Bedingungen des Experiments haben also den Charakter theoretischer Erklärungen.

Nach Milgram geraten wir in bestimmten Situationen in einen Agens-Zustand:

normalerweise sind wir autonom, im Agens-Zustand lassen wir uns von anderen bestimmen, d.h. wir selbst erleben uns als nicht mehr verantwortlich für unser Handeln.

Zitat: "Es ist nicht so sehr die Wesensart eines Menschen, die seine Handlung bestimmt, wie die Eigenart der Situation, in der er sich befindet." (Milgram, '82)

(P.S.: Gehorsambereitschaft auch heute nicht wesentlich verändert (Burger, 2009 ))
24. Austauschtheorien (Grundannahmen)
(engl. exchange theories)

Menschliches Verhalten ist an Interaktionen ausgerichtet, wobei der Einzelne vor allem an lohnenden Interaktionen interessiert ist.
D.h. Aufwand wird gegen den erreichten Nutzen aufgerechnet.
Geben wir dauerhaft mehr als wir erwarten, empfinden wir das als ungerecht.
Verhalten, das belohnt wird, weist in Zukunft höhere Auftretenswahrscheinlichkeit auf.

Homans Hypothesen (1972):

1. Werthypothese:
Ausführungswahrscheinlichkeit einer Aktivität hängt vom »Wert« der Belohnung ab

2. Entbehrungs-Sättigungs-Hypothese:
Belohnungen bewirken mit zunehmender Menge oder Häufigkeit einen immer geringeren zusätzlichen Nutzen -> Grenznutzen (mmh, Schokolade! -> urgh)

3. Frustrations-Aggressions-Hypothese:
Person, die nicht wie erwartet belohnt oder unerwartet bestraft wird, empfindet Ärger, reagiert aggressiv und empfindet die Ergebnisse des aggressiven Verhaltens als belohnend

zusätzlich nach Gouldner (1960):
4. Reziprozitätsnorm:
Norm, die nach Ausgleich verlangt, bzw. zu Ausgleich verpflichtet
25. Public-Goods-Spiele
Spielsituationen zur Erforschung der Bedingungen, unter denen sich Personen kooperativ oder eigennützig verhalten.

Ursprung: experimentelle Wirtschaftsforschung; Erforschung der Problematik um Erhalt bzw. Aufbau öffentlicher Güter

Spielverlauf: Eine häufig untersuchte Spielsituation:

* zu Beginn bekommen alle vier Mitspieler 20 €
* entscheiden gleichzeitig, wie viel Geld sie behalten und wie viel sie in ein Gemeinschaftsprojekt investieren
* für jeden € im Gemeinschaftstopf, erhält jeder der vier Mitspieler 40 Cent
* mit den neuen Beträgen (behaltenes + gewonnenes Geld) geht es in den nächsten Durchgang

* für die Gesamtheit am besten, wenn alle alles geben

* für den Einzelnen ist Anreiz groß, nichts zu geben: ungünstigster Fall = alle anderen auch egoistisch –> 20 Euro; im für ihn günstigsten Fall = alle bis auf ihn kooperativ –> 44 Euro.

* Spannbreite für kooperativen Spieler deutlich nach unten verschoben: gesamtes Geld in die Gemeinschaft investiert -> zwischen 8 und 32 Euro, je nachdem, wie sich die anderen verhalten

Also: Je mehr in die Gemeinschaftskasse einzahlen umso höher ist der Gewinn. Wenn aber nur einer einzahlt hat dieser weniger und die anderen nach dieser Spielrunde mehr. (Beispiel Mülltrennung, für den einzelnen lästig, wenn alle es tun ist der Gewinn für die Schonung der Umwelt umso höher.)

Meist werden Spiele dieser Art in mehreren Durchgängen gespielt, damit festgestellt werden kann, wie sich die Spieler untereinander beeinflussen.

Variationen:

* Partner-Version: die Mitspieler bleiben über alle Durchgänge zusammen
* Stranger-Version: in jedem Durchgang mit einem anderen Mitspieler
* Perfekt stranger: Spieler wurden informiert, dass garantiert immer neue, fremde Mitspieler
* mit Bestrafungsoption: z.B. durch die Abgabe von einer Geldeinheit einen Mitspieler bestrafen, der dann 10 Prozent seines Gewinns abgeben muss
* Variation von Fähr/Gächter: Mitglieder werden einander vorgestellt und/oder haben eine Nachbesprechung des Spieles
25a. Verlauf der Kooperationsbereitschaft
ypischer Spielverlauf ohne Bestrafung etc.:

* im ersten Durchgang: Spieler im Durchschnitt einigermaßen kooperativ;
* Partner-Variante noch kooperativer als in der Stranger-Variante
* Kooperation nimmt bis zum letzten Spiel dramatisch ab.

Z.B. bei insgesamt 1042 Teilnehmern (Westeuropa/USA) lag beim jeweils letzten Durchgang Prozentsatz der »Free Rider« (0 Geldeinheiten für die Gemeinschaft) bei durchschnittlich 73 Prozent, viele lagen zudem mit ihren Abgaben nahe bei Null (Fehr/Schmidt, 1999).
25b. Einfluss von Gruppenzugehörigkeit, sozialer Kontrolle und Bestrafung
nach Fehr und Gächter (1999)

I. soziales Ansehen/ soziale Kontrolle: Nachbesprechung, Spieler konnten ihre Strategien diskutieren

II. Gruppenzugehörigkeit: Mitglieder einer Gruppe wurden vor dem Spiel miteinander bekannt gemacht

Erst Kombination beider Möglichkeiten ließ die Kooperationsrate substantiell ansteigen; aus diesen Optionen einzeln resultierte keine vermehrte Kooperation.

Allerdings sank auch in diesem Fall die Kooperationsrate mit zunehmender Spieldauer.

III."altruistische" Bestrafung: erwies sich als effektiv zur dauerhaften Erhöhung der Kooperationsbereitschaft

Sowohl in der Partner- als auch in der Stranger-Bedingung stieg die Kooperationsbereitschaft an und blieb bis zum zehnten Durchgang stabil. In der Partnerbedingung deutlich höher als in der Stranger-Bedingung.
25c. Altruistische und antisoziale Bestrafung
Altruistische Bestrafung: evolutionärer Mechanismus zur Sicherung kooperativen Verhaltens

(nach Fehr und Gächter (2002))

Trittbrettfahrer werden auch dann bestraft, wenn dem Strafenden hierdurch Kosten entstehen und er weiß, dass allenfalls andere von der Bestrafung profitieren werden. Unter rein materiellen Kosten-Nutzen-Erwägungen sind Bestrafungen im Kontext einer Spielsituation also nicht zweckmäßig.

Das eigennützige Verhalten von Unkooperativen löst bei Personen, die sich kooperativ verhalten, starke negative Emotionen aus. Altruistische Bestrafung dient dann dem Abbau des eigenen Ärgers und gleichzeitig der sozialen Maßregelung von Personen, die sich egoistisch verhalten. (vgl. Frustrations-Aggressions-Hypothesen von Homans (1972) und Dollard et al. (1939))


Antisoziale Bestrafung :

In allen gesellschaftlichen Gruppierungen existieren Grenzen für die Akzeptanz altruistischer Bestrafungen. Werden diese Grenzen überschritten, reagieren Menschen mit mehr oder weniger ausgeprägter Reaktanz in Form antisozialer Bestrafung.

Wo die jeweiligen Grenzen liegen, lernen die Mitglieder einer gesellschaftlichen bzw. kulturellen Gruppe implizit und explizit im Verlauf ihrer jeweiligen Sozialisation.


Bisherige Untersuchungsergebnisse (genauere Untersuchungen stehen noch an; nicht verallgemeinern!)
*
nach Herrmann et al. (2008b) -> Altruistisches Bestrafen bei Vertrauensmangel weniger effektiv

*
Bei acht Orten mit niedriger antisozialer Bestrafungsrate handelte es sich um Städte aus westlichen Demokratien (Ausnahme die chinesischen Stadt Chengdu).
*
fast alle acht Orte mit einer hohen antisozialen Bestrafungsrate gehörten zu tendenziell autokratischen Gesellschaften.

*
Kooperatives Verhalten kann in Gesellschaften, in denen nur geringes Vertrauen in die staatliche Ordnung sowie die Uneigennützigkeit zwischen Fremden existiert, weniger erfolgreich durch altruistisches Bestrafen hervorgerufen werden. Eigennütziges Verhalten wird in diesen Gesellschaften offenbar stärker verteidigt, so dass sich altruistische Bestrafer der Gefahr von Rachebestrafungen aussetzen.
*
antisoziale Bestrafung vor allem in Gesellschaften, in denen das Vertrauen der Bevölkerung in die staatliche Ordnung gering und alltäglicher Umgang gegenüber Fremden eher misstrauisch
26. Tit-for-Tat-Regel
1. kooperativer Start: erste Runde bedingungslos kooperativ starten
2. Nachahmen: danach immer das zuallerletzt gezeigte Verhalten des am wenigsten kooperativen Partners nachahmen
3. Verzeihen: unbedingt alles vorher (vor "zuallerletzt" ) vergeben und vergessen (= "Gedächnis auf Größe eins beschränken")

* In public-goods-Spielen ohne Bestrafung führt Tit for Tat in Folge zur Erlöschung der Kooperation

* evolutionsstabile Strategie: bietet konkurrierenden Strategien keine Angriffsmöglichkeit
27. Kulturabhängigkeit kooperativen Verhaltens
experimentelle Kooperationsforschung kann mit situativen Bedingungen die Varianz der Verhaltensmöglichkeiten nicht vollständig aufklären:

Z.B: russisch-schweizer Ländervergleich:

* überwiegende Mehrzahl der Spieler beginnt zunächst kooperativ: Anteil an »conditional cooperators« (kooperierten, wenn auch die Mitspieler dies taten) in beiden Ländern annähernd gleich hoch
* eine kleine Gruppe verhält sich von Anfang an eigennützig: Anteil der »Free Rider« unterschied sich jedoch deutlich

(Fischbacher et al., 2001; Fischbacher & Gächter, 2006)

-> Kulturell unterschiedlichen Erfahrungen beeinflussen nach Henrich et al. (2001) kooperatives Verhalten:

Die Autoren spielten mit Angehörigen von 15 „Naturvölkern„ das Ultimatum-Spiel: Einer erhält einen Geldbetrag mit der Auflage, dem anderen einen beliebigen Anteil abzugeben. Wenn der andere akzeptiert, können beide ihr Geld behalten. Lehnt der andere ab, muss auch der Erste sein Geld zurückgeben.

Der unterschiedliche Alltag der Völker ergibt mehr oder weniger strikte Regeln (z.B. des Schenkens und der dafür erwarteten Gegenleistung).

Es zeigte sich, dass die Angebote in den „Naturvölkern“ sehr viel stärker schwankten als in westlichen Marktgesellschaften.
28. Konzept der gemeinsamen Absicht
Einen Unterschied zwischen Primaten und Menschen sieht Tomasello im Konzept der gemeinsamen Absicht:

In der Wildnis jagen zwar die Schimpansen kleinere Affen. Aber nicht weil sie ein gemeinsames Ziel haben, sondern, weil sie zufällige das gleich Ziel haben und von der Beute möglichst viel abbekommen wollen.

Der Mensch hat die Fähigkeit Aufmerksamkeit mit seinen Mitmenschen zu teilen und sich dessen bewusst zu sein. Diese Fähigkeit haben Tiere nicht. Schimpansen können zwar der Blickrichtung ihrer Artgenossen folgen, sie wissen was sehen psychologisch bedeutet. Ein Kleinkind würde auch die Pflanze anschauen die z.B. die Mutter anschaut, aber es ist sich dessen bewusst, dass die Mutter die Pflanze anschaut und das Kind weiß, dass die Mutter weiß, das das Kind die Pflanze anschaut. Wir Menschen sind uns des gegenseitigen Betrachtens bewusst. Das führt zum Konzept der gemeinsamen Absicht.

Tomasello (2008) erklärt dies am Beispiel des deklarativen Zeigens:
Bereits einjährige Kinder können auf Dinge, die sie interessieren, mit dem Finger zeigen, um einem Erwachsenen zu signalisieren, dass sie etwas interessant finden. Schimpansen benutzen den Fingerzeig nur, wenn sie von Menschen großgezogen wurden, um beispielsweise auf eine Frucht zu zeigen, die sie haben wollen.
29. Evolutionäre Vorteile kooperativen Verhaltens
I) Im Unterschied zu den Menschenaffen, die sich im alltäglichen Leben wenig kooperativ verhalten, zeigen die neuesten Kooperationsforschungsergebnisse bei Menschen Folgendes:

Kooperatives Verhalten zahlt sich bei Gruppen und einzelnen Personen dann aus, wenn es gelingt die egoistische Minderheit über geeignete Maßnahmen (Bestrafung, soziale Ächtung) von ihrem eigennützigen Verhalten abzubringen. Dies widerspricht auch der evolutionsbiologischen Annahme, dass Menschen eine genetische Prädisposition besitzen, sich in der Konkurrenz um Ressourcen egoistisch zu verhalten.

Es müssen sich Vorteile gegenüber dem egoistischen und wettbewerbsorientierten Verhalten ergeben.

In den Untersuchungen von Tomasello und seiner Forschungsgruppe hat sich gezeigt, dass Schimpansen in Wettbewerbssituationen höhere kognitive Leistungen erbringen als bei kooperativen Aufgaben. Offensichtlich entspricht es ihrem natürlichen Verhalten mehr, ihre Artgenossen »reinzulegen« als ihnen zu helfen.

Wenn Schimpansen mit Artgenossen interagieren, die sie gerne mögen, zeigen sie sich manchmal kooperativ. So könnte es auch bei den frühen Menschen gewesen sein: Zunächst haben sich die zusammen getan die sich gerne mochten, die anderen wurden vertrieben oder getötet. Danach war der Weg für alle möglichen Gruppenaktivitäten offen, es konnten neue Verhaltensweisen entstehen. Im zweiten Schritt gewannen die Menschen im Laufe der Zeit einen Überlebensvorteil gegenüber ihren Artgenossen. Tomasello geht davon aus, dass im Laufe der Evolution die Entwicklung von kooperativem Verhalten für die frühen Menschen einen Selektionsvorteil darstellte, der dazu geführt hat, dass sich die Menschheit bis heute gegen alle anderen Primaten durchsetzten konnte. Kooperatives Verhalten setzt sich demnach gegen unkooperatives Verhalten evolutionär durch.

II) Jensen et al. (2007) konnten zeigen, dass Schimpansen in einer für sie angepassten Variante des Ultimatum-Spiels, bei dem es um die Teilung von Futter ging, weder fair teilten noch unfaire Angebote ablehnten. Die Schimpansen verhielten sich überwiegend rational entsprechend den Annahmen der klassischen Ökonomie und zeigten nicht die für Menschen in diesem Spiel typische Fairness.

III) Weitere Hinweise darauf, wie sich kooperatives gegenüber unkooperativem Verhalten evolutionär durchsetzen kann, liefern Simulationsstudien (meist "Gefangenendilemma"), in denen kooperative und unkooperative Populationen (bzw. Mischformen) miteinander in Kontakt geraten.

-> Tit-for-Tat erweist sich als evolutionsstabile Strategie, d. h. sie bietet konkurrierenden Strategien keine Angriffsmöglichkeit. In einer Population, in der alle Mitglieder Tit-for-Tat spielen, kann ein einzelner unkooperativer Spieler auf die Dauer nicht gewinnen. Dies gilt umgekehrt auch für eine ausschließlich unkooperative Population, in denen ein einzelner Tit-for-Tat-Spieler sich automatisch anpasst, da er das unkooperative Verhalten der anderen imitieren muss. Treten Tit-for-Tat-Spieler allerdings in Clustern auf, dann können sie eine unkooperative Population erfolgreich infiltrieren, wenn sie mit höherer Wahrscheinlichkeit innerhalb ihres Clusters interagieren als mit den unkooperativen »Einheimischen« (vgl. Bierhoff, 2006; Axelrod, 1995).
30. Der Fall Phineas Gage
*

Unfall 1848:
Eisenbahnarbeiter Phineas Gage verunglückte bei Sprengarbeiten auf einer Baustelle
Eisenstange schoss von unten nach oben quer durch den Kopf
Stirnhirn wurde schwer verletzt – aber er konnte die Baustelle zu Fuß verlassen und war nach wenigen Monaten wieder arbeitsfähig
*

Veränderung:
Sprachliche und motorische Fähigkeiten hatten offenbar kaum gelitten
Deutliche Veränderung im Charakter – vor dem Unfall = verantwortungsvoll und sozial integriert – nach dem Unfall = unstet und disziplinlos
Beschreibung des Arztes = impulsiv, ordinär, triebhaft und launisch – Vermutung des Arztes = moralisches Zentrum wurde aus dem Kopf geschossen
*

Neurologische Untersuchung des erhalten gebliebenen Schädels 1994 – Neurologen Hanna und Antonio Damasio – Erstellung einer Computersimulation des damaligen Unfalls
Vordere zentrale Teil des Stirnhirns wurde verletzt
Seitlich liegende Teile, die an abstrakten Denkvorgängen wie Sprechen und Rechnen beteiligt sind, blieben vermutlich intakt
Schluss – vermutlich hat der Unfall das moralische Zentrum zerstört
*

Zahlreiche Studien die die Bedeutung des Stirnhirns für soziales bzw. antisoziales Verhalten belegen
31. Der Fall „Elliot“: Auswirkungen von „Gefühllosigkeit
*

Zustand nach Tumorresektion im zentralen vorderen Stirnhirnbereich: einwandfreier Geisteszustand, soziales Wissen und moralische Urteilskompetenz, jedoch Entscheidungsfähigkeit verloren – Konsequenzen von Handlungen können zwar richtig durchdacht werden, trotzdem führen sie nicht zur Entscheidung
*

„somatische Marker“ im im Frontalhirn verbinden Erinnerung an bestimmte Ereignisse mit emotionalen und physiologischen Reaktionen und bestimmen, welche Alternativen bei Entscheidungsfindungen überhaupt zur Vorlage kommen (Damasio)
*

Erfahrungen beeinflussen gefühlsmäßige Entscheidungen S.125
32. IGT (Iowa Gambling Test)
IGT (Iowa Gambling Task) S.124
#

soll risikobehaftetes Verhalten von Personen mit Läsionen im präfrontalen Kortex (Schäden im vorderen Stirnhinbereich) feststellen
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Verfahren: Kartenziehen von 2 Stapeln (A+B) mit hohen Gewinnen und Verlusten und 2 Stapeln (C+D) mit niedrigen Gewinnen und Verlusten → A+B führt langfristig zu Verlust, C+D langfristig zu Gewinn
#

während gesunde Spieler nach ca 10 Durchgängen anfangen A+B zu meiden, ziehen lädierte Spieler selbst dann weiter von A+B, wenn sie das Risiko erkennen
#

bei gesunden wurde nach ca 10 Spielen Erhöhung des Hautwiderstandes festgestellt → wird teilweise als physiologisches Zeichen für Bildung eines somatischen Markers (siehe Frage
33. Sozial-intutives Modell nach Haidt (im Vergleich zum rationalistischen Modell
Sozial-intuitives Modell nach Haidt (im Vergleich zum rationalistischen Modell)

Haidt bezweifelt, dass Annahmen ursächlich für die Einstellung sind. Die umgekehrte Richtung ist plausibler: Wenn ich gegen etwas bin, dann passt das gut als nachträgliche Begründung für meine Intuition. Das Gefühl mit dem Verstand (intuitiv) übt Einfluss auf unser moralisches Urteilen. Also entgegen den Ansätzen von Piaget und Kohlberg.

Haidt stellt 2 Modelle gegenüber:

Rationalistisches Modell
Man analysiert eine moralische Situation und aus den Ergebnissen dieser Analyse wird dann ein Urteil gebildet. Gefühle können dabei eine Rolle spielen (z.B. Sympathie). Sie beeinflussen das Urteil nicht direkt; sondern indirekt über zwischengeschaltete Denkprozesse. Beispiel: Begründung einer Ablehnung, indem man Gründe aus einem anderen Zusammenhang für sein Urteil als Rechtfertigung nutzt.

Sozial-intuitives Modell
In sozialen Situationen, egal ob diese moralische Werte oder Konventionen betreffen, wird fast immer gefühlsmäßig entschieden. In engen Zusammenhang zu moralischen Gefühlen stehen offenbar v.a. Ekelgefühle, Reinheit bzw. Sauberkeit. Eklige Gerüche bewirken rigidere moralische Urteile.

Das "Sozial-intuitive Modell" wird im Gegensatz zum "Rationalistischen Modell" von 2 Personen gespiegelt und verdeutlicht das moralische Urteilen als einen sozialen Prozess.
34. Entwicklung moralischer Intuitionen
Moralische Intuition lässt sich auf 5 Gefühle zurückführen:

→ Ethik des Individuums (der Autonomie)

* Schaden

* Reziprozität (Ausgleich/Vergeltung/Gegenleistung)

→ Ethik der Familie

* Hierarchie

* Bezugsgruppe

→ Ethik der Gemeinschaft (des Göttlichen)

* Reinheit

Entwickelt sich vor allem im Jugendalter (Orientierung an Gleichaltrigen) – Untersuchung Minoura: 9 – 15 jährige Jugendliche aus Japan passten sich in USA am meisten an, jüngere und ältere kaum → Wachstumsschub der Gehirnrinde mit Vermehrung neuronaler Verschaltungen – Selbstorganisationsmechanismus entscheidet über Nutzung oder Abbau (neuronaler Darwinismus)
35. Haben wir einen angeborenen „Moralsinn“?
Keller (2007) ist der Auffassung dass Kinder schon im Alter von 2-3 Jahren Schamgefühle besitzen können. Ab etwa dem 6 Lebensjahr schreiben Kinder einem Übeltäter Schuldgefühle zu, wenn er moralische Regeln verletzt hat.

Chomsky geht davon aus, dass die grammatischen Regeln unserer Muttersprache angeboren sind und uns relativ schnell unsre Muttersprache erlernen lassen. In dieser Anlehnung geht Mahlmann (2007) davon aus, dass es eine Universalgrammatik der Moral gibt. Auch Hauser/Haidt/Mikhail/ gehen davon aus, dass zumindest einige grundlegende Voraussetzungen moralischen Urteilens angeboren sind. Hiermit ist nicht gemeint das konkrete Gebote oder Verbote in unseren Genen angelegt sind.
36. Untersuchung von Prehn et al (2008): wichtigste Ergebnisse
Kristin Prehn erfasste interindividuelle Unterschiede in der moralischen Urteilskompetenz in einer MRT Studie. Sie bezog Unterschiede zwischen den Vpn mit ein, was es zuvor noch nicht in der Forschung gegeben hatte.
Neben den bekannten MUT (Moralisches-Urteil-Test von Lind) gab sie zusätzlich eine Scala zur Erfassung der sozialen Erwünschtheit vor. Per Knopfdruck mussten die 23 weibl. Vpn entscheiden ob eine Regelverletzung vorliegt oder nicht.

Ergebnisse:
Grundsätzlich wurden bisherige MRT Studien bestätigt: Bestimmte Gehirnregionen werden über Vergleiche von moralischen Stimuli mit moralischen neutralen Aufgaben und Varianten des emotionalen Aufforderunggehaltes aktiviert/gesteuert.

Auffällig in Prehn´s Studie war, dass es einen deutlichen Zusammenhang zwischen C-Score und der neuronalen Aktivität gab. Und zwar nahm die neuronale Aktivität mit steigender C-Score ab.
Das bedeutet, dass bei Menschen mit einer höheren moralischen Urteilskompetenz geringere Aktivitäten in Gehirnarealen nachzuweisen sind.

Daraus wird interpretiert, dass Menschen mit geringeren moralischen Kompetenzen eine verstärkte Hirnaktivität (z.B. Hirnareale für Verständnis, Belohnung/Bestrafung) erforderlich ist, um eine moralische Entscheidung treffen zu können.

Ganz kurz gefasst (siehe SB S. 146): Kompensationsbemühungen bei geringerer Kompetenz
1. Begriffsverständnis: Moral, Ethik
Unterschiedlichkeit der Gene wird als eigentliche Ursache der Entwicklung von Ethik, Moral und Recht angesehen. Wenn es nur gleiche Gene gäbe, gäbe es keine Interessengegensätze und keine Notwendigkeit von Regeln zur Streitschlichtung
Moral:
• Moral im Alltag
Doppelmoral – selbst Lügen ja für die Hälfte der Befragten, belogen werden lehnen ca. 2/3 der Befragten strikt ab.
Moralisches Problem – das Nachdenken über Regeln, an denen wir uns im Alltag unbewusst orientieren führt zum Bewusstsein über die moralische Qualität des Handelns
Bekannteste Verhaltensregeln = 10 Gebote der Bibel – Goldene Regel (Was Du nicht willst, das man Dir tut, das füg auch keinem anderen zu
In Bezug auf moralische Werte wird von den meisten eine eher relativistische Position eingenommen – Werte von Einzelpersonen werden als willkürlich wahrgenommen, Werte von Gruppen die auf demokratischen Wege zustande kamen werden als prinzipiell gültig angesehen.
Werterelativität – Es gibt keine universellen, nicht-willkürlichen Moralprinzipien – richtig oder falsch gibt es nicht, da unterschiedliche kulturelle und gesellschaftliche Verhältnisse zu unterschiedlichen moralischen Normen führen = liberale Auffassung (kann schnell an ihre Grenzen stoßen)
Alltag – normativer Moralbegriff wird verwendet = Vergleich innerhalb eines Urteils – Verhalten – Normen und Werte die wir für richtig ansehen
• Bedeutungsvarianten von Moral (aus dem Duden)– bedeutsam in diesem Zusammenhang die Varianten 1 – 3 – 4
1. System von auf Tradition, Gesellschaftsform, Religion beruhenden sittlichen Grundsätzen und Normen, das zu einem bestimmten Zeitpunkt das zwischenmenschliche Verhalten reguliert
2. (ohne Plural) Stimmung, Kampfgeist
3. philosophische Lehre von der Sittlichkeit
4. das sittliche Verhalten eines einzelnen oder einer Gruppe
5. (ohne Plural) lehrreiche Nutzanwendung
• Deskriptiver Moralbegriff – beschreibende Arbeitsweise = keine normative Bewertung auch wenn von einem moralischen Urteil die Rede ist
• Moralisch = Grenzen zwischen sozialer Konvention und Moral sind fließend
Ethik:
• Teilgebiet der Philosophie – praktische Philosophie (beschäftigt sich mit dem Handeln der Menschen)
• Untersucht systematisch den Zusammenhang konkreten Verhaltensweisen - unterschiedliche Normen und Werten
2. Drei moralpsychologische Perspektiven: kognitiv, situativ, emotional
Kognitive Perspektive
• Wie beeinflusst das Denken unsere Moral?
• Suchen nach den Unterschieden im moralischen Denken zwischen Personen
• Erklärung der Entstehung der Unterschiede im moralischen Denken
• Art und Weise des Denkens über moralische Probleme
• Auskunft über Gründe für das Verhalten des Einzelnen
Situative Perspektive
• Wie beeinflussen die Umstände unsere Moral?
Emotionale Perspektive
• Wie beeinflussen die Gefühle unsere Moral?
3. Begriffsverständnis: Assimilation, Akkomodation, Äquilibration
Assimilation (Einordnen)Ähnlichmachnung (biologisch: Überführung der von einem Lebewesen aufgenommenen Stoffe in Körpersubstanz, bei Pflanzen die Umwandlung anorganischer in organische Stoffe
• Anpassung der Umwelt an den Organismus
• Kennzeichnung der „Verschmelzung“ gesellschaftlicher Minderheiten (Einwanderer/Gastarbeiter) mit der Mehrheit (Anpassen)
Integration neuer Informationen in bereits vorhandene Strukturen, (Einordnen)
also einen quantitativen Zuwachs an Informationen
• Organismus kann auf einen Reiz nur dann adäquat reagieren,
wenn er schon eine Struktur besitzt, in die der Stimulus integriert werden kann
• hat also gewissermaßen konservativen Charakter;
Wir reagieren auf Umwelt so, wie wir es gewohnt sind,
was wir nicht verstehen, ignorieren wir oder
verformen es so weit, dass es sich nahtlos in unsere Gedankenwelt einpasst
Beruhte unsere Wahrnehmung der Welt nur auf Assimilation, wären wir den Veränderungen dr Umwelt hilflos ausgesetzt.


Akkomodation (Umsortieren)Angleichung, Anpassung (physiologisch: Eintellung des Auges auf unterschiedliche Entfernungen)
• Organismus passt sich an Umweltgegebenheiten an
• Theologisch: Anpassung christlicher Vorstellungen an vorchristliches Brauchtum (Missionierung)
Qualitative strukturelle Änderung der kognitiven Struktur durch neue Informationen
• Um etwas Neues als solches zu erkennen, müssen wir unsere kognitive Struktur erweitern, sie akkommodieren
• Akkomodation setzt immer Assimilation voraus, und umgekehrt
• Akkomodation ist die Veränderung einer Assimilationsstruktur,
welche durch die von ihr assimilierten Elemente hervorgerufen wird
• Akkommodation und Assimilation sind Teilkomponenten der Adaption (Anpassung) des Individuums an die Umwelt,
die nicht nur passiv, sondern aktiv gestaltend ist
Ziel: Herstellung eines Gleichgewichtszustands von Individuum und Umwelt
Auch Assimilation und Akkommodation sollten sich im Gleichgewicht befinden,
damit wir mit der Realität nicht zu sehr in Konflikte geraten

Würden wir uns ständig unserer Umwelt anpassen, wären wir in Gefahr, unsere eigene Kontinuität und damit unsere Identität zu verlieren.

Äquilibration (taucht lt Herrn Heidbrink nicht in Klausur auf!!14.07.09)Gleichgewicht zwischen Akkommodation und Assimilation nicht statisch,
sondern kennzeichnet einen dynamischen Prozess (Äquilibration)
• Ziel:
Nicht die Rückkehr zu einem einmal verlorenen Gleichgewichtszustand,
sondern die Erlangung eines neuen Gleichgewichts auf qualitativ höherem Niveau
(z.B. höhere Differenziertheit und Integriertheit des Denkens)
• Äquilibration kognitiver Strukturen als
Kompensation äußerer Störungen durch Aktivitäten des Individuums, die sowohl aus
konkreten Handlungen (z.B. beim Kleinkind) als auch aus
gedanklichen Antizipationen bestehen können
Laut Psychologischem Lexikon:
Nach Piaget der entscheidende Prozess, in dem alle Elemente der Entwicklung zusammengefasst sind. Äquilibration intergriert und reguliert die 3 anderen Hauptfaktoren der Entwicklung:
• Körperliche Reifung
• Erfahrung der physikalischen Welt
• Einflüsse des sozialen Umfeldes
Das Äquilibrationskonzept ist eines der wichtigsten Konzepte in Piagets Entwicklungstheorie, gleichzeitig aber auch kompliziert und schwer zu erfassen. Um den Prozess der Äquilibration zu veranschaulichen, zieht Piaget die Aufgabe heran, die ein Kind bewältigen muss, um die Invarianz von Mengen beherrschen zu lernen (Umschüttversuch!)



Nicht mehr ausschließlich Orientierung an erwachsener Autorität,
sondern an verallgemeinerten Regeln
Autonomie erst zur Hälfte entwickelt, da noch immer als etwas von außen Aufgezwungenes gesehen
Begriffsverständnis: Assimilation, Akkommodation, Aquilibration
4. Piagets Stadien der kognitiven Entwicklung
Piagets Stadien der kognitiven Entwicklung
1) Sensomotorisches Stadium (Säugling)
2) Stadium des präoperationalen Denkens (ca 2-7)
3) Stadium der konkreten Operationen (ca mit Beginn des Schulalters)
4) Stadium der formalen Operationen
Jedes dieser Stadien lässt sich wiederum in Unterstadien aufteilen
4a. Sensomotorisches Denken
Die sensomotorische Ebene, Piaget

• Ich bin die ganze Welt
• Säugling assimiliert Teil seiner Welt an das Saugen
• Welt v.a. eine Wirklichkeit zum Saugen (bald auch Sehen, Hören, Be- Greifen)
• Es gibt noch keine Objekte in der Welt
• Keine Unterschiede zwischen sich und anderen Personen
• lebt in undifferenzierter Wirklichkeit, in der es nichts außer ihm selbst gibt
• Für Piaget ist der Prozess der Entwicklung eine ständige Neubestimmung der Grenze zwischen Individuum und Umwelt
• Grenze zwischen. Subjekt. und Objekt. nicht von vornherein festgelegt und auch nicht unveränderlich
• Erkenntnis ist das Resultat der Interaktion zw. Subjekt und Objekten
• Nach Piaget "verschmelzen" Subjekt und Objekt in jeder Handlung
• Für Säugling Trennung von Subjekt., Objekt., Handlung unentwirrbar
• Im Stadium des sensomotorischen Denkens denkt es durch Bewegungen und Empfindungen
Begreifen mit der Hand als konkrete Vorform des Begreifens mit dem Kopf
4b. Präoperationales Denken (Kindlicher Egozentrismus)
Präoperationales Denken, Piaget
• Ich bin der Mittelpunkt der Welt
• Durch Gebrauch der Sprache lernt Kind zw. Zeichen und Bezeichnetem zu unterscheiden
• fängt an, eigenes Verhalten zu kontrollieren
• zu logischen Folgerungen fähig, allerdings ist Logik noch irreversibel
Bsp.: Umschüttexperiment:
Präoperationales Kind kann Vorgang noch nicht umkehren, auf die Invarianz der Flüssigkeitsmenge schließen
• Piaget, Reversibilität:
Nicht nur direkte Umkehrbarkeit eines Vorgangs, auch
Formen indirekter Kompensation
(Überlegung, dass 2. Glas nicht nur höher, sondern auch schmaler, dass die Breite also die Höhe kompensiert)
• Präoperationales Denken ist zentriert, beschränkt sich häufig auf einen einzigen Aspekt der Situation,
vernachlässigt andere wichtige Aspekte
• meist Unfähigkeit Umgebung aus anderer Perspektive als der eigenen zu sehen;
egozentrische Weltsicht;
kann sich nicht in andre Person hineinversetzen und erklären, wie diese bestimmte Szene sieht (Hügelexperiment);
Geht ganz selbstverständlich davon aus, dass alle das gleiche sehen oder über eine Situation wissen, wie es
• Egozentrismus notwendige, unvermeidbare Zwischenstufe der Entwicklung
4c. Konkret-operationales Denken
Konkrete Operationen/
Konkret- operationales Denken, Piaget (Erst Handeln, dann Denken)
• Kind erwirbt kognitive Fähigkeiten, um die Invarianz von Menge, Gewicht, Volumen, etc. zu verstehen
• Kann jetzt nach logischen Prinzipien experimentieren
• Das Denken ist reversibel
• Wendet Logik auf konkrete Dinge an,
kann aber noch nicht in gleicher Weise mit abstrakten Begriffen hantieren
• Wichtige Voraussetzung der Phase:
Fähigkeit zur Dezentrierung;
d.h. sich nicht auf hervorstechendes Merkmal konzentrieren, sondern andere Merkmale ergänzend/ kompensierend in Überlegungen einbeziehen
und Egozentrismus der Wahrnehmung macht nach und nach der Fähigkeit Platz, andere Perspektiven einzunehmen und diese mit der eigenen in Beziehung zu setzen
4d. Formal-operationales Denken
Formale Operationen, Alles Logo, Piaget
• Erkennen von Verhältnisrelationen
• Das Denken auf dieser Stufe folgt nach der Meinung Piaget’s formallogischen Strukturen
• Abstraktes Denken ist nicht an eine bestimmte formale Sprache gebunden, sondern dadurch gekennzeichnet, dass es von konkreten Dingen (oder Personen) abstrahieren kann.
• Formales Denken ist eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung um die Dinge zu verstehen (Sucht das Problem woanders, wenn ihr das Skript nicht versteht
5. Methodisches Vorgehen von Piaget: Beispiele (Umschüttexperiment, „Hans und Heinz Geschichte“, Beobachtungen beim Murmel-Spiel)
Piagets Arbeit zur Moralentwicklung liegen Interviews und Verhaltensbeobachtungen von ca. 100 Schweizer Kindern zugrunde, die zumeist im Vor- und Grundschulalter waren.

Umschüttexperiment:
Umschütten einer Flüssigkeitsmenge von einem breiten niedrigen Glas in ein schmales hohes. Kinder in der präoperationalen Phase behaupten, dass im hohen Glas mehr Flüssigkeit ist. Auch beim Zurückschütten können sie nicht auf die Invarianz der Flüssigkeitsmenge schließen.
Reversibilität nach Piaget: direkte Umkehrbarkeit eines Vorgangs (zurückschütten), aber auch Formen indirekter Kompensation, also der Überlegung, dass das zweite Glas zwar schmaler, aber dafür höher ist , die Höhe also die Breite kompensiert.

Geschichtenpaar Hans und Heinz, Fragen und kleine Geschichten:
Hans zerstört beim Betreten eines Raumes unabsichtlich 15 Tassen.
Heinz möchte in Abwesenheit der Mutter Marmelade naschen und zerstört beim Versuch, an die Marmelade zu kommen, eine Tasse.
Piaget befragte Kinder danach, ob eines und welches Kind schuldiger oder schlimmer ist als das andere. Die Fragen betrafen das Verständnis von Lüge, Strafe, Gerechtigkeit, Gleichheit und Autorität. Die Ergebnisse bestätigten im Wesentlichen die Analyse des Murmelspiels: 2 Typen der Moral, die heteronome und die autonome Moral.

Murmelspiel, Interviews und Verhaltensbeobachtungen:
Piaget betrachtete das Zustandekommen und die Bedeutung von Spielregeln. Er befragte Kinder zu ihrem Verständnis der Regeln des Murmelspiels und beobachtete sie beim tatsächlichen Spiel. Darüber hinaus erzählte Piaget ihnen kleine Geschichten mit für sie alltäglichen Problemen, zu denen sie ihre Meinung sagen sollten.
6. Regelbewusstsein und Regelpraxis bei Piaget (Murmelspiel)
Regel-/ Spielpraxis
Regelanwendung Murmelspiel

Analyse der kindlichen Moral anhand eines von Kindern selbst erstellten Regelsystems, beim Murmelspiel ist der Einfluss der Erwachsenen denkbar gering. Kind im Alltag mit Regeln der "fertigen" Erwachsenenwelt konfrontiert, die auf Bedürfnisse des jew. Entwicklungsstands keine Rücksicht nehmen
Schwer zu entscheiden, ob Regeln "an sich" berücksichtigt, oder nur Fügung der elterlichen Autorität

4 Stadien:
• Rein motorisches und individuelles Stadium (0-3)
• Egozentrisches Stadium (2-6)
• Beginnende Zusammenarbeit (7-10)
• Kodifizierung der Regeln (ab11)

Rein motorisches und individuelles Stadium beim Murmelspiel
• Spiel nach eigenen Wünschen und motorischen Gewohnheiten
• entwickelt mehr oder weniger ritualisierte Schemata,
da es aber allein spielt, sind es motorische Regeln und keine des Zusammenspiels

Egozentrisches Stadium beim Murmelspiel
• Versucht Spielregeln nachzuahmen, spielt tatsächlich aber auch noch im Zusammenhang mit anderen allein
• Z.B. kann jeder Gewinner sein und im Zusammenspiel nach eigener Interpretation der Regeln spielen
• Egozentrismus: Nachahmung größerer Kinder und individuelle Anwendung der bei diesen beobachteten Regeln

Beginnende Zusammenarbeit beim Murmelspiel
• Jeder versucht Mitspieler zu besiegen
• Notwendigkeit gegenseitiger Kontrolle und Vereinheitlichung der Spielregeln
• Praktisch funktioniert dies schon recht gut: Kinder können sich meist über Spielregeln einigen
• Fragt man Mitspieler einzeln: Überraschend widersprüchliche Regelkenntnisse und -interpretationen

Kodifizierung der Regeln im Murmelspiel Einzelne Spielpartien peinlich genau geregelt
• Allen Mitspielern sind Regeln in Gesamtheit bekannt
• Kaum noch widersprüchliche Auskünfte selbst über detailierteste Regeln
• Piaget: "Interesse für die Regeln als solche" Regelbewusstsein,

• Denken beim Murmelspiel Piaget 3 Stadien
• in gewisser zeitlicher Verzögerung zu denen der Spielpraxis
1) Individuelle Riten
2) Heteronomie
3) Autonomes Regelverständnis

Individuelle Riten beim Murmelspiel
• Motorische Schemata
• entspricht die motorische/ individuelle Spielpraxis
• Entscheidung häufig nicht einfach, ob selbst erfundene Rituale oder schon der Beginn des Bewusstseins von außen beeinflusster regelhafter Handlungen
Heteronomie beim Murmelspiel
• Kind geht mit Regeln recht willkürlich um
• Trotzdem besteht es darauf, dass die Regeln schon immer so gewesen seien
• Bewusstsein und Verhalten gehen weit auseinander
• Extremer Konservativismus des Bewusstseins verbindet sich mit einer verblüffenden Lockerheit des Verhaltens
• Kind unterwirft sich in seiner Vorstellung völlig den Regeln der Erwachsenen
• Regeln bleiben dem Bewusstsein nur äußerlich, beeinflussen das Verhalten des Kindes nur wenig
• Es hält die Regeln für heilig, ohne sie tatsächlich anzuwenden.
• Also kein Widerspruch zw. mystischer Achtung und praktischer Ignoranz
• Regeln sind unantastbar
• Recht willkürlicher Umgang mit Regeln, aber darauf bestehen, dass sie schon immer so gewesen sein
• Gegeben durch erwachsene Autoritäten, Gott, für Kind höchste Autorität
• Bewusstsein und Verhalten gehen hier weit auseinander:
• Achtung beruht auf Zwang der Erwachsenen/ größerer Kinder
• Zwang der Älteren + Fehlen gleichberechtigter Zusammenarbeit der Kinder
Erzeugt "Ungenaues Gefühl kollektiver Teilhabe", das wie viele Arten der Mystik gut zum Egozentrismus- Stadium passt

Autonomes Regelverständnis beim Murmelspiel
Regel als auf gegenseitiger Absprache beruhender freier, demokratischer Entschluss
• 3 Symptome für grundlegende Änderung des Regelverständnisses:
1) Auf Gerontokratie und Theokratie folgt Demokratie: Regeln können gemeinsam verändert werden
2) Hieraus folgt unmittelbar, dass Regeln nicht mehr als heilig, ewig gültig, unveränderbar angesehen
3) Ursprung von Spiel/ Regeln wird realistisch gesehen (Entwicklung des Murmelspiels durch Generationen von Kindern) Regeln werden auf demokratischem Weg untereinander ausgehandelt
• Erworbene Autonomie führt zu weitaus stärkerer Beachtung der Regeln
• neue Regeln dürfen nur auf "legalem Weg" eingeführt werde, durch Überzeugung der Mehrheit
• Also weitgehend Entwicklung der Autonomie ohne Druck/ Zwang
• Autonomie entsteht also v.a. unter Gleichberechtigten;
"Autoritäten" eher hemmend
7. Piaget: Heteronome und autonome Moral
Heteronome Moral
• Beruht auf dem moralischen Zwang Erwachsener
• Bewirkt beim Kind moralischen Realismus
• Kind sieht Pflichten und die sich darauf beziehenden Werte als etwas Äußerliches, objektiv Gegebenes
• Jede Handlung im Einklang mit Regeln der Erwachsenen = gut
• Jede regelverletzende Handlung = schlecht
• recht enger Interpretationsspielraum
• Regel wird wörtlich genommen, nicht dem Sinn nach
• Moralischem Realismus entspricht objektive Auffassung von Verantwortung
• Nicht Absicht zählt, sondern tatsächliche Konsequenz des Handelns

Autonome Moral

• Beruht auf Zusammenarbeit und Kooperation der Kinder untereinander
• Einseitige Achtung elterlicher Autorität wird abgelöst durch gegenseitige Achtung der Kinder
• Erst wenn gegenseitige Achtung stark genug ist das Bedürfnis auszulösen, andere so zu behandeln, wie es selbst behandelt sein möchte, gelingt Übergang zur autonomen Moral
8. Kritik an Piaget (z. B. Unterschätzung früher kognitiver Leistungen)
• Grundlegende Zweifel an einer qualitativen in Stadien verlaufenden Entwicklung
• Vorwurf einer teilweise verwirrenden Terminologie
• Vermutung, dass die Ergebnisse Piagets möglicherweise Kunstprodukte seiner Befragungsmethode seien.
• Piagets Aussagen zu kognitiven Leistungen von Säugetieren und Kleinkindern: Viele Untersuchungen mit neuen Methoden, Analyse von Blickbewegungen, die zeigen, dass Piaget kognitive Fähigkeiten (vor allem in sehr frühen Alter) unterschätzt hat.
• Eine Studie von Epstein differenziert die Behauptung, dass heteronom orientierte Kinder Regeln als heilig und unantastbar ansehen.
• Altersangaben haben bei Piaget allenfalls Orientierungsfunktion.
• Bei Ruffy fanden sich autonome Reaktionen bei den von ihr befragten Kindern deutlich früher als bei Piaget.
• Die Permanenz von Objekten ist bereits entgegen Piaget sehr früh nachweisbar.
• Piaget ging davon aus, dass sich kognitive Fähigkeiten zunächst aus den motorischen entwickeln, dass das Begreifen mit der Hand dem „kognitiven Begreifen“ vorausgeht. So plausibel diese Annahme ist, widersprechen ihr mittlerweile eine ganze Reihe von Befunden.
• Erstaunliche Konsequenz: Kinder müssen bestimmt Fähigkeiten gar nicht erst entwickeln, sie sind ihnen angeboren.

Zusatz:
dass die Altersangaben bei Piaget allenfalls Orientierungsfunktion haben, ist nach meinem Verständnis, kein Kritikpunkt sondern:
er wurde für seine Alterszuordnungen kritisiert - diese Kritik kann jedoch nicht wirklich greifen, weil die Altersangeben nur Orientierungsfunktion haben.

Frage: sind die Altersangaben als Kritikpunkt anzusehen?
9. Was sind die Besonderheiten eines moralischen Dilemmas (im Sinne Kohlbergs)?
Zwangslage, in der man zwischen 2 Möglichkeiten entscheiden muss
• Beide Möglichkeiten beinhalten etwas Negatives; 2 suboptimale Wege
• hat die Form eines Aversions-Aversions-Konflikts
10. Kohlbergs Klassifikation des moralischen Urteils in Ebenen (3) und Stufen (6)
Kurzcharakterisierung jeder Stufe
Ebene I (präkonventionell)
• Moralische Wertung – äußere quasi-physische Geschehnisse, schlechte Handlung oder quasi-physische Bedürfnisse, statt auf Personen oder Normen
• Stufe 1 – Orientierung an Bestrafung oder Gehorsam – hängt von physischen Konsequenzen ab, nicht von der sozialen Bedeutung bzw. Bewertung der Konsequenzen – Vermeidung von Strafe + nicht-hinterfragte Unterordnung unter die Macht – Moralordnung, auf die sich die Autorität und damit die Strafe stützt wird nicht vermittelt
• Stufe 2 – Die instrumentell-relativistische Orientierung – richtige Handlung = befriedigt instrumentell die eigenen Bedürfnisse evtl. auch die Bedürfnisse anderer – Zwischenmenschliche Beziehungen als Markt-Beziehung = Gegenseitigkeit stets physisch oder pragmatisch, nicht Loyalität oder Gerechtigkeit
Ebene II (konventionell)
• Moralische Wertung – Übernahme guter und richtiger Rollen – Einhaltung der konventionellen Ordnung und der Erwartungen anderer
• Stufe 3 – Orientierung an personengebundener Zustimmung – Richtiges Verhalten = gefällt anderen, bekommt Zustimmung (ist nett) = hohes Maß an Konformität – Verhalten wird nach der Absicht beurteilt
• Stufe 4 – Orientierung an Recht und Ordnung – Orientierungsrahmen durch Autoritäten, Aufrechterhalten der sozialen Ordnung – Richtiges Verhalten = Pflicht tun, Autoritäten respektieren – für die gegebene Ordnung um ihrer selbst willen eintreten
Ebene III (postkonventionell)
• Moralische Wertung – Werte und Prinzipien, die unabhängig von der Autorität anderer
• Stufe 5 – Orientierung am Sozialvertrag – Bewusstsein der Relativität persönlicher Werthaltung und Meinung – Konsensfindung mit der allgemeinen Meinung, Gesetzen
• Stufe 6 – Orientierung an allgemeingültigen ethischen Prinzipien – Bewusste Entscheidung mit selbst gewählten ethischen Prinzipien -Prinzipien sind abstrakter und ethischer Natur – Im Kern handelt es sich um universelle Prinzipien der Gerechtigkeit, der Gegenseitigkeit und Gleichheit, der Menschenrechte und des Respekts vor der Würde des Menschen als individuelle Person.
Beispiele
Bezogen auf das Dilemma von Kapitän de Vere aus dem SB

Stufe Gnade Verurteilung
1 Er sollte zu Billys Gunsten aussagen, wenn er sicher ist, dass es keine weiteren Zeugen gibt. Wenn der Kapitän lügt, läuft er Gefahr, dass jemand ihn wegen Meineides anzeigt
2 Rettet er Billy, hat er sicher einen loyalen Matrosen gewonnen. Er muss Billy verurteilen, weil der auch gegen ihn meutern könnte
3 Rettet er Billy, werden die anderen Matrosen ihn achten Rettet er Billy, werden die anderen Matrosen keinen Respekt mehr vor ihm haben.
4 Die Pflicht des Kapitäns ist es, für rechtmäßiges Verhalten aller – auch der Offiziere zu sorgen – die Todesfolge resultiert daraus, dass das Verhalten des Offiziers nicht eher unterbunden wurde „Die Pflicht des Kapitäns ist, das Gesetz zu befolgen und anzuwenden, einerlei, wie mitleidlos es sich auswirkt“ (Zitat SB)
5 Der Kapitän sollte Billy gefangen nehmen, und vor ein Zivilgericht stellen, das mehr Möglichkeiten hat, die Umstände zu berücksichtigen und gerechter zu urteilen Auch wenn die Umstände Billys Verhalten zum Teil rechtfertigen, muss die Todesfolge richterlich abgeurteilt werden
6 Billy ist unschuldig vor Gott (Zitat SB) Das Recht auf Leben als höchstes moralisches Prinzip zu achten wäre Billys Pflicht gewesen
Aus dem Alltag:
Beispiel Stufe 1: „Nach dem Essen trage ich meinen Teller in die Küche, weil meine Mama sonst schimpft.“
Beispiel Stufe 2: „Nur wenn ich nach dem Essen meinen Teller in die Küche getragen habe, darf in anschließend fernsehen. Daher versuche ich, so oft wie möglich daran zu denken, den Teller abzutragen.“
Beispiel Stufe 3: „Ich freue mich, wenn meine Mama mich dafür lobt, dass ich nach dem Essen auch den Teller meiner kleinen Schwester in die Küche trage.“
Beispiel Stufe 4: „Im Haushalt helfen wir alle mit. Meine Mutter hat jedem Familienmitglied bestimmte Aufgaben zugewiesen, die pünktlich zu erledigen sind.“
Beispiel Stufe 5: „Obwohl ich in meinem eigenen Zimmer keinen großen Wert auf Sauberkeit und Ordnung lege, finde ich es völlig richtig, dass sich in den gemeinsam bewohnten Räumen unseres Hauses jeder an die vereinbarten Regeln hält. Ansonsten wäre es überall unordentlich und wir würden uns alle nicht mehr wohlfühlen.“
Beispiel Stufe 6: „Meine Schwester führt ein Tagebuch. Ich würde niemals heimlich darin lesen, denn sonst würde ich ja ihre Privatsphäre verletzen. Jeder Mensch hat das Recht auf ganz persönliche, private Bereiche in seinem Leben, die ansonsten niemanden etwas angehen. Ich selber möchte ja auch nicht, dass andere in meinen Sachen rumschnüffeln, sondern ich erwarte, dass meine Privatsphäre respektiert wird und gewahrt bleibt.“
11. Empirische Untersuchungen zur Theorie Kohlbergs
Wichtigste Ergebnisse der Längsschnittstudie
• Altersverteilung der Moralstufen – Daten können ungefähre Hinweise liefern, da Studie auf insgesamt nur relativ wenigen männlichen Versuchspersonen beruht
• Altersabhängige Hierarchie der Moralstufen – (verdeutlicht gemeinsamen Verlauf beider Kategorien der Korrespondenzanalyse in der Darstellung)
• Stufen folgen der postulierten Reihenfolge = höhere Stufen korrespondieren mit höherem Alter – Abstände zwischen den Stufen werden mit zunehmender Stufenhöhe deutlich geringer = abnehmende Korrelation des Lebensalter zur Stufenhöhe, da die moralische Entwicklung einen individuellen Endpunkt, meist im frühen Erwachsenenalter, findet (nicht jeder kommt bis zur Stufe 5, Stufe 6 noch nie nachgewiesen)
Empirisch belegte Kernannahmen
MUT = Moralisches-Urteil-Test von Lind (1978, 1985) – Spiegelt nach Der Auffassung von Lind sowohl den kognitiven Aspekt als auch die affektive (emotional) Seite wieder - Beschreibung des Testverfahrens sowie verschiedene Ansätze der Auswertung bzw. Fragestellung siehe Studienbrief pfd-Version ab Seite 71
• Ist ein experimenteller Testverfahrens
• Daten lassen sich in drei Teilmengen aufteilen
theoriekonforme
theoriekonträre
theorieneutrale Antwortmuster
MUT – englisch = MJT – Moral Judgement Test
• Ein häufiges Missverständnis gegenüber dem MUT liegt darin, dass alle – statistisch teilweise aufwendigen – Berechnungen nur die letztlich triviale Erkenntnis widerspiegelten, dass Personen »moralischer« klingenden Argumenten eher zustimmen als weniger »moralisch« formulierten Aussagen.
Insgesamt lassen sich die Ergebnisse der vorgestellten Untersuchungen als deutliche Hinweise auf die Gültigkeit folgender Kernannahmen der Theorie Kohlbergs werten (vgl. Heidbrink, 1991):
I. Personen ziehen moralische Argumente höherer Stufen denen niedriger Stufen vor.
II. Moralische Argumente, die das eigene Niveau weit übersteigen, können nicht mehr sicher differenziert werden.
III. Es gibt keine Personen mit idiosynkratischen Urteilspräferenzen. Niemand stellt die Kohlbergsche Stufenfolge »auf den Kopf«, zieht also Argumente niedrigerer Stufen Argumenten höherer Stufen systematisch vor.
IV. Sowohl die moralische Differenzierungsfähigkeit als auch die moralische Urteilspräferenz folgen der von Kohlberg postulierten Stufensequenz.
12. Niveaus der sozialen Perspektivenübernahme (Selman)
Die einzelnen Stufen der Kohlbergschen Moralhierarchie unterscheiden sich deutlich in Bezug auf den Blickwinkel, aus dem die soziale Umwelt betrachtet wird. R. L. Selman (1984) versucht, die Fähigkeit zur sozialen Perspektivenübernahme in Form einer ontogenetischen Stufenhierarchie analog zu Piagets Stufenfolge des logischen Denkens zu konzeptualisieren (Selman & Byrne, 1980).
Methodisch orientiert er sich stark an Kohlbergs Untersuchungen zum moralischen Urteil, teilweise benutzt er sogar Daten aus der Längsschnittuntersuchung Kohlbergs (vgl. Selman, 1984). Im Vergleich zu den moralischen Dilemmata von Kohlberg sind Selmans Geschichten zur Erfassung der sozialen Perspektive komplexer, da sie vor allem auch die Ebene der Empathie zusätzlich miterfassen sollen.
Die Entwicklung der sozialen Perspektive fängt bei einem Niveau an, auf dem das Kind seine eigene Sicht sozialer Vorgänge noch nicht von der Sicht anderer unterscheiden kann. Sie verläuft dann in einer Abfolge bestimmter Schritte, wobei zunächst die eigene Perspektive von der des anderen unterschieden wird, um dann in immer komplexerer Weise aufeinander bezogen zu werden. Selman postuliert 5 Niveaus der sozialen Perspektivenübernahme.
Kurzcharakterisierung + Beispiele
Niveau 0 4-6 J. Egozentrisch oder undifferenziert Ich sehe nur mich
Niveau 1 6-8 J. Subjektiv oder differenziert Ich sehe, dass der andere anders denkt
Niveau 2 8-10 J. Selbstreflexiv oder reziprok Ich sehe mich mit den Augen des Anderen
Niveau 3 10-12 J. Wechselseitig oder 3. Person Ich sehe uns beide, unsere Beziehung
Niveau 4 Ab 12 Gesellschaftlich oder Tiefenperspektive Ich sehe die gesellschaftlichen Bedingungen
vorhergehende Stufe wird nicht von der nächsten abgelöst, sondern integriert, es wird nicht nur perspektivisch weiter gedacht, sondern tiefer (siehe Mrs. Jellyby-Trugschluss)
13. Zusammenhang zwischen „logischem Denken“, „sozialer Perspektive“ und „moralischem Urteil“ („asymmetrische Voraussetzungsrelation“)
• Logisch = Unterscheidung von Kompetenz und Performanz
• Kompetenzniveau ist notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für ein entsprechendes Performanzniveau
• Logisches Lieblingskind der kognitiven Entwicklungstheoretiker – asymmetrische Verknüpfung von Entwicklung mit aktuellen Denken + asymmetrische Verknüpfung unterschiedlicher Entwicklungsdimensionen untereinander
• Kohlberg – kognitive Reife ist notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung der Reife des moralischen Urteils – gleiche Relation wird zwischen moralischen Urteil und sozialer Perspektive angenommen
• = Zusammenhang der drei Bereiche (= asymmetrische Voraussetzungsrelation) – Die Entwicklung des logischen Denkens im Sinne Piagets ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für die Entwicklung der sozialen Perspektive (Selman), die ihrerseits wiederum eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung des moralischen Urteils (Kohlberg) darstellt.
• Mit anderen Worten
(Kohlberg) unterschiedliche Entwicklungsdimensionen stellen keine voneinander getrennten Bereiche dar – sie verlaufen parallel und repräsentieren verschiedene Kontexte und Perspektiven für die Definition der strukturellen Veränderung
Strukturelle Verbindung der Stufen untereinander lässt sich nicht ohne die Entwicklungsstufen des logischen Denkens (Piaget) erklären.
= Berücksichtigung der sozialen Perspektive lässt die qualitativen Unterschiede zwischen den einzelnen Stufen moralischer Entwicklung hervortreten
14. Kompetenz und Performanz in Bezug auf das moralische Urteilen
Kompetenz = höchstmögliches Entwicklungsniveau – Stufenschemata wird angenommen (Treppenbauer befindet sich auf der bis dahin höchsten erreichten Stufe)
Performanz = das tatsächliche, in der Situation verwendete und angemessene Niveau (Treppennutzer)
Nutzung der Kompetenz durch sinnvolle Performanz
• Reaktivierungsmöglichkeit für bereits durchlaufene Stufen. Standpunkte, die als unzureichend erkannt wurden können eingenommen werden.
• Kommunikation mit Anderen, die wir auf einer niederen Stufe vermuten, verläuft so, dass wir in der Lage sind auf der Stufe zu argumentieren, damit wir verstanden werden. = Keine bewusste Täuschung des anderen, sondern der Versuch unsere Meinung des höheren Niveaus so zu formulieren, dass der Andere sich der Meinung anschließen kann, ohne über das höhere Niveau verfügen zu müssen.
• Die selbst gebaute Treppe kann frei genutzt werden - Es ist nicht notwendig sich immer auf der höchstmöglichen Treppenstufe aufzuhalten, Regression ist möglich und alltäglich. (Die Stufen müssen nicht abgerissen werden wenn man auf eine niedere Stufe möchte)
15. Was ist eine „invariante Entwicklungssequenz“? Kann man in der moralischen Urteilsentwicklung eine Stufe überspringen? Kann man auf frühere Stufen zurückfallen?
Invariante (Adjektiv zu Invarianz - Invarianz ist die Unveränderlichkeit von Größen) Entwicklungssequenz
• Die Niveaus der sozialen Perspektivenübernahme stellen wie die Stufen der moralischen Urteilsentwicklung nicht nur eine hierarchische Entwicklungssequenz dar, sondern charakterisieren auch unterschiedliche Denk- und Handlungsorientierungen im Erwachsenenalter.
• Die Entwicklung verläuft sequentiell von Stufe zu Stufe bis zum jeweiligen individuellen »Endpunkt«.
Stufe überspringen? - Stufen zurückfallen?
• Es kann keine Stufe ausgelassen werden oder übersprungen werden.
• Argumentationen können situationsbedingt auf niedriger Stufe erfolgen, das moralisch Urteilsvermögen bleibt aber auf der bisher erreichten Stufe und fällt nicht zurück.
• Kohlberg beobachtete bei Jugendlichen eine Regression von Stufe 4 auf Stufe 2. Allerdings ist es sehr schwer, zwischen einer „echten“ Regression und einer von der Kompetenz unterschiedlichen Performanz zu unterscheiden. Zudem bezieht sich die Theorie von Kohlberg hauptsächlich auf die Entwicklung der moralischen Urteilskompetenz
• Siehe auch Frage 14
18. Selbstaufmerksamkeit und moralisches Verhalten
Selbstaufmerksamkeit - Zustand, in dem die Aufmerksamkeit weniger auf externe Ereignisse als auf das eigene Selbst gerichtet ist
*

Selbstaufmerksamkeit bewirkt, dass Diskrepanzen zwischen Verhalten und Intention stärker bewusst und meistens negativ erlebt werden
*

Selbstaufmerksamkeit erschwert Selbsttäuschung
*

höchste uns zur Verfügung stehende moralische Stufe = ideale Selbstaufmerksamkeit.
Folge: ohne Selbstaufmerksamkeit ist Performanz entsprechend der Kompetenz erschwert
getestet mit Befragung unter Spiegel-Bedingung (mit Spiegel "moralischeres Verhalten")
*

dauerhafte Selbstunaufmerksamkeit verhindert Weiterentwicklung und "fixiert" Kompetenz auf einer einmal erreichten Stufe